Gesundheitswesen 2012; 74 - A35
DOI: 10.1055/s-0032-1322021

Zur zeitlichen Stabilität der Verteilungswirkungen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches – Ergebnisse für die Jahre 2009 und 2010

D Göpffarth 1, J Wasem 2
  • 1Bundesversicherungsamt, Bonn
  • 2Universität Duisburg-Essen, Lehrstuhl für Medizinmanagement, Essen

Einleitung/Hintergrund: Die Rahmenbedingungen für den Wettbewerb der Krankenkassen und seine Auswirkungen auf die gesundheitliche Versorgung durch die GKV-Versicherten sind durch die Einführung des Gesundheitsfonds und der Morbiditätsorientierung des Risikostrukturausgleiches zum Jahresbeginn 2009 spürbar verändert worden. Eine umfassende Bestandsaufnahme der Wirkungen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleiches im Jahr 2009 durch den Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesversicherungsamt [1] hatte gezeigt, dass mit dem neuen Ausgleichssystem ein deutlich zielgenauerer Ausgleich der Risikostrukturunterschiede gelang, allerdings waren nach wie vor spürbare Unterdeckungen von multimorbiden Versicherten bei gleichzeitigen Überdeckungen von „Gesunden“ festgestellt worden. Hohe Unterdeckungen wurden generell für ältere Versicherte und Versicherte mit Krankheiten mit überdurchschnittlicher Mortalität beobachtet. Krankenkassen mit höherer durchschnittlicher Morbiditätslast ihrer Versicherten hatten eine überdurchschnittliche Wahrscheinlichkeit, mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auszukommen, während Kassen mit eher gesünderer Klientel tendenziell eher Überschüsse erzielten. Gesundheitspolitiker aus der Regierungskoalition haben darauf verwiesen, vor eventuellen Änderun-gen im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich sollte geprüft werden, ob die Ergebnisse der Evaluation des Wissenschaftlichen Beirats sich als stabil erweisen würden. Die zeitliche Stabilität der Verteilungswirkungen, die die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds, an die Krankenkassen bewirken, soll daher in diesem Beitrag untersucht werden.

Material und Methoden: Ausgewertet werden die Daten der Jahresausgleiche 2009 und 2010 des Risikostrukturausgleiches. Zur Verfügung stehen die Angaben zu Demografie, Diagnosen, Arzneimittelverordnungen und Er-werbsminderungsstatus der rd. 70 Mio. GKV-Versicherten für die Jahre 2008 und 2009 (da aufgrund des prospektiven RSA-Modellansatzes, die Risikomerkmale jeweils des Vorjahres relevant sind). Für sämtliche Krankenkassen stehen jeweils ihre Ausgaben der Jahre 2009 und 2010 zur Verfügung. Auf der Individualebene stehen hingegen nur für eine 6,8%-Stichprobe (rd. 4,8 Mio.) der Versicherten die Ausgaben in 2009 und 2010 zur Verfügung., Ermittelt wird die Stabilität der Performance des RSA zwischen 2009 und 2010, gemessen in Güte-maßen auf Individualebene, mittels Bestimmtheitsmaß (R2), Cumming's Predictive Measure (CPM) und mittlerem absoluten Prognosefehler (MAPE). Untersucht wird auch die zeitliche Stabilität der Unter- und Überdeckungen (Predictive Ratios) auf nach Alter, Zahl der Morbiditätszuschläge, Ausgabenklassen abgegrenzten Versichertengruppen, sowie der nach Durchschnittsmorbidität ihrer Versi-cherten gruppierten Krankenkassen.

Ergebnisse: Die Gütemaße auf der Individualebene weisen für den RSA des Jahres 2010 eine etwas höhere Ziel-genauigkeit auf als für 2009 (so liegt das R2 bei 21,0% gegenüber 19,6%), liegen insgesamt aber in etwa in der gleichen Größenordnung. Auf Gruppenebene ergibt sich kein einheitliches Bild: So hat die Überdeckung von Versicherten ohne Morbiditätszuschläge zu- und die Unterdeckung von Multimorbiden im Vergleich zu 2009 angenommen demgegenüber hat sich z.B. die Unterdeckung der Hochkostenversicherten bei Gruppenbildung nach Ausgabengruppen verringert. Auf Kassenebene hat der Einfluss der Durchschnittsmorbidität der Versicherten einer Kasse auf ihre Deckungsquote abgenommen auch die Veränderung dieser Kenngrößen fällt aber eher gering aus.

Diskussion und Schlussfolgerungen: Insgesamt zeigt sich eine hohe zeitliche Stabilität der Verteilungswirkungen des Risikostrukturausgleiches. Dort, wo der Wissenschaftliche Beirat aufgrund der Analyse der Ergebnisse aus 2009 Weiterentwicklungen empfohlen hatte, wird der Handlungsbedarf durch die 2010er Ergebnisse cum grano salis bestätigt.

Literatur:

[1] Drösler, S., et al., Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich. Endfassung. Download unter http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Publikationen/Forschungsberichte/2011/Evaluations bericht _morbi-rsa.pdf, 2011: Bonn.