Gesundheitswesen 2012; 74 - A23
DOI: 10.1055/s-0032-1322009

Die Berücksichtigung von älteren Migrant/innen in der LISA Befragung – Innovative Zugänge zu einer schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppe

J Butler 1
  • 1Bezirksamt Mitte von Berlin

Hintergrund: In der LISA-Studie wurde eine tiefer gehende Befragung der über 60-jährigen Bevölkerung im Bezirk Mitte durchgeführt. Hierbei ging es insbesondere darum, fundierte Daten für die Gestaltung von Angeboten für diese Bevölkerungsgruppe zu erhalten. Da ein sehr großer Anteil der bezirklichen Bevölkerung einen Migrationshintergrund (MH) hat, wurde angestrebt, diese Bevölkerungsgruppe angemessen zu berücksichtigen.

Methoden: Der umfangreiche Fragebogen enthielt neben einigen Fragen zur Gesundheit und Lebenssituation auch standardisierte Instrumente, um Lebensqualität, soziale Unterstützung, Anzeichen von Depression sowie Hinweise auf Demenz bei der älteren Bevölkerung festzustellen. Darüber hinaus waren die Bedürfnisse nach zusätzlicher Unterstützung von Interesse. In erster Linie sollte der Fragebogen von Vertrauenspersonen ausgeteilt und von den Befragten selbst ausgefüllt werden. Die Repräsentativität wurde durch einen Quotenplan sichergestellt. Um die Teilnahme von Migranten zu erhöhen, wurden Fragebögen und Informationsmaterialien auf Türkisch, Russisch und Serbokroatisch bereitgestellt. Da dies in der ersten Erhebungsperiode nicht ausreichte, um die ältere Bevölkerung mit MH ausreichend zu beteiligen, wurden Migranten in der zweiten Phase auch aktiv in verschiedenen Settings mithilfe von muttersprachlichen Interviewern für die Teilnahme gewonnen. Diese suchten unter anderem Beratungsstätten, Moscheen, öffentliche Plätze und das Grundsicherungsamt auf. Da viele potenzielle ältere Befragten mit MH, insbesondere ältere türkische Frauen, auch Probleme mit einem schriftlichen Fragebogen in der Muttersprache hatten, wurde in der zweiten Erhebungsphase eine Reihe von Fragebögen von Interviewern vorgelesen und zusammen mit dem Befragten ausgefüllt. Während der Befragung wurde festgestellt, dass der serbokroatische Fragebogen nicht so stark in Anspruch genommen wurde, als erwartet. Dafür fehlte ein arabischer Fragebogen.

Ergebnisse: Es gab eine Reihe von aufschlussreichen Ergebnissen in dieser Befragung, z.B. eine höhere Betroffenheit von älteren Menschen türkischer Herkunft bei Depression und Übergewicht – auch dann, wenn die Ergebnisse nach der sozialen Lage differenziert wurden. Ebenfalls zeigten sich größere Unterschiede im Bewegungsverhalten nach MH. Ein türkischer oder arabischer Migrationshintergrund zeigte sich gesundheitsfördernd in Hinblick auf riskanten Alkoholkonsum – nicht jedoch bezüglich des Rauchens. Interessant hinsichtlich des künftigen Bedarfs an Pflegeleistungen ist, dass die deutschen Befragten eher Pflege von ihren Partnern erwarteten als die Migranten. Diese erwarten wiederum die Unterstützung eher von ihren Kindern und Enkeln.

Schlussfolgerungen: Die Erfahrungen bei der Gewinnung von älteren Migranten für die LISA Befragung zeigten, dass es nicht ausreicht, fremdsprachige Fragebögen und Informationsmaterialen zur Verfügung zu stellen. Hier zeigte sich die direkte Ansprache durch muttersprachige