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DOI: 10.1055/s-0032-1321919
Brunos Welt
Medizin und Recht(haben) – Ärztliche LetztverantwortungPublication History
Publication Date:
17 July 2012 (online)



Als Pfleger Rainer die ärztlichen Anordnungen in den Krankenakten ausarbeitet, glaubt er seinen Augen nicht zu trauen. Der neue Assistenzarzt – der übrigens darauf besteht, mit Dr. Müller angesprochen zu werden – hat einem Patienten 400 mg Risperidon als Tagesdosis verordnet. Da es sich dabei offensichtlich nur um einen Schreibfehler handeln kann, bittet Rainer Herrn Dr. Müller darum, die Anordnung zu korrigieren. Dieser schaut sich die Kurve nochmals kurz an, um dann mitzuteilen, dass er sich bei dabei schon durchaus etwas gedacht habe. Die Medikation sei so richtig, und er bitte Rainer darum, seinen Teil auszuarbeiten, sprich: die Medikamente zu stellen und zu verabreichen. Rainer gibt nochmals freundlich zu bedenken, dass es sich aber um einen Irrtum handeln müsse, weil Risperidon niemals in derartigen Dosierungen verwendet werde. Herr Dr. Müller wirkt jetzt sichtlich angespannt und meint, dass er nicht über sechs Jahre Medizin studiert habe, um sich von einem Krankenpfleger belehren zu lassen, was er zu verordnen habe.
Pfleger Rainer hat nun ebenfalls die Nase voll, er geht an den Medikamentenschrank und sucht 400 mg Risperidon zusammen. Da die höchste Dosis einer Einzeltablette 4 mg beträgt, kommt er auf insgesamt 9 Packungen Tabletten, die er Herrn Dr. Müller auf den Tisch legt. Diese sei die verordnete Tagesdosis, also allein für die Abendmedikation müsse er dem Patienten nun 50 Tabletten á 4 mg stellen. Nun ist Dr. Müller endgültig verärgert, das sei jetzt wirklich Kinderkram, es gäbe jedes Medikament auch in höheren Dosierungen. Schließlich bekomme der Patient auch 200 mg Levomepromazin zur Nacht, darüber gäbe es ja auch keine Diskussion. Er habe nun auch keine Lust mehr darüber zu diskutieren, schließlich trage er die ärztliche Letztverantwortung, Rainer habe gefälligst seine Anordnungen umzusetzen.
Da aber Rainer dachte, dass er wiederum die Durchführungsverantwortung zu tragen habe, sei das so eine Sache mit der ärztlichen Letztverantwortung, zumal der Patient die angeordnete Medikation wohl kaum unbeschadet überstehen würde.
Wer hat denn nun die Letztverantwortung? Der, der verordnet, oder der, der verabreicht?
Rainer griff zum Telefon und ließ sich mit der ärztlichen Direktion verbinden, um diese Frage schnellstmöglich und zum Wohle des Patienten zu klären.
Herr Dr. Müller bekam daraufhin sehr zeitnah ein außerplanmäßiges Einzelgespräch mit dem Chefarzt und der Patient hatte – glücklicherweise ohne es bemerkt zu haben – eine gefährliche Klippe umschifft.
Verantwortung trägt, wer verantwortlich handelt.
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Bruno Hemkendreis freut sich auf Ihre Anregungen: