Zeitschrift für Palliativmedizin 2012; 13(6): e7-e8
DOI: 10.1055/s-0032-1319029
Palliativ Pflege
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Möglichkeiten der Lokalbehandlung wundbezogener Probleme

Barbara Uebach
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Publication History

Publication Date:
03 December 2012 (online)

Problem

Mögliche Maßnahmen / Produkte

Starke Exsudation

  • Superabsorber (z. B. Sorbion Sachet S®) beinhalten ein Kunstoffgranulat und können mehrere 100 ml Flüssigkeit unter Volumenausdehnung aufnehmen. Aufgrund des hohen Gewichts, das die Verbände erreichen können, sollten sie nicht vollständig gesättigt und rechtzeitig gewechselt werden. Vorsicht bei der Fixierung mittels Folie: Expansion des Superabsorbers bedenken.

  • Feinporige Polyurethanschaum- / Hydropolymerverbände (z. B. Askina Foam®; Biatin®); Hydrokapillarverbände (z. B. Alione®). Die Verbände sind selbsthaftend oder müssen mit einem Sekundärverband (Film, Rollenpflaster, Binden) angewickelt oder geklebt werden. Ausreichend über den Wundrand hinaus legen. Bevor Feuchtigkeitsflecken den Wundrand erreicht haben, sollten Schaumverbände gewechselt werden.

  • Saugkompressen (z. B. Zetuvit®); empfehlenswert wenn häufige Verbandwechsel notwendig sind. Der Wechsel erfolgt, wenn die Kompresse durchgeschlagen ist.

  • Einsatz von Drainage und Stomamaterial / Inkontinenzprodukten in Erwägung ziehen

Bei Wundhöhlen ggf. in Kombination mit:

  • Alginat (z. B. Askina Sorb®): Alginate geben unter Druck (z. B. bei Lagerung) die aufgenommene Flüssigkeit fast vollständig wieder ab → Mazeration der Wundumgebung. Sie sind deshalb auf Wundgröße zuzuschneiden und mit einem Abstand von 1–2 mm zum Wundrand in die Wunde einzulegen.

  • Hydrofaser (z. B. Aquacel®): können das 25-fache des Eigengewichts an Wundexsudat aufnehmen. Die Wundumgebung bleibt trocken, da das Exsudat nur in vertikaler Richtung abgeleitet wird. Hydrofaserverbände dürfen deshalb über den Wundrand hinaus gelegt werden.

  • Cavitiy Schaum (z. B. Allevyn plus cavitiy®): Material dehnt sich aus, deshalb Wundhöhle nur zur Hälfte lose austamponieren.

Option

  • Unterdruck-Therapie (auch bei malignen Wunden unter bestimmten Voraussetzungen zur Symptomlinderung einsetzbar).

Mäßige bis schwache Exsudation

  • Dünne Polyurethanschaum- / Hydropolymerverbände (z. B. Allevyn thin®)

  • Hydrokolloidverbände (z. B. Hydrocoll®)

  • Hydroaktivverbände (z. B. 3 M Tegaderm Absorbent®)

Irritation und Mazeration von Wundrand und -umgebung

  • Wahl einer Wundauflagen mit ausreichender Exsudataufnahmekapazität

  • Nicht zu lange mit dem Verbandwechsel warten

  • Auftragen eines lang anhaltenden, transparenten und atmungsaktiven Hautschutzfilms (z. B. Cavilon®), gut trocknen lassen

oder

  • Auftragen einer dünnen Schicht Zinkcreme (z. B. dline ZCR ZincCream®)

oder

  • Transparentfolie (z. B. Opsite®) oder transparente Hydrokolloide auf den Wundrand kleben.

Geruch

  • Lokalantiseptik mit flüssiger Antiseptika auf Octenidin- oder Polyhexanid-Basis

und / oder

  • Einsatz antimikrobieller Wundauflagen: silberhaltig (z. B. Actisorb Silver® o. Acticoat Absorbent®); Hydrobalance Wundauflage mit antimikrobiellem Zusatz (z. B. Suprasorb X + PHMB®); wirkstofffreie Wundauflage mit hydorphober Wechselwirkung (Cutimed Sorbact®)

oder

  • Applikation von medizinischem Honig (z. B. Medihoney®): Die enthaltenen hydrolytischen Enzyme hemmen das Wachstum von Bakterien. Zudem können potentiell noch verbleibende Bakterien kurzfristig den Zucker des Honigs metabolisieren, dessen Abbauprodukte nicht riechen. Nachteil: Gegebenenfalls häufiger Verbandwechsel wegen erhöhter Exsudatproduktion (osmotischer Wasserentzug).

In Kombination mit

  • Aktivkohle-Kompressen zur Adsorption von Geruchsmolekülen (z. B. Carbonet®; in Kombination mit Silber: z. B. Actisorb Silver®). Die Aktivkohleauflagen müssen die Wunde komplett abdecken, sonst können Geruchsmoleküle entweichen.

Bei anaerob besiedelten Wunden ggf.

  • Lokale Applikation des Antibiotikums Metronidazol. Spülung der Wunde mit Metronidazol-Infusionslösung und / oder Applikation eines Metronidazol-Gels ca. 3 mm dick auf den Wundgrund.

Option aus der Phytotherapie

  • Topische Applikation von Blattgrün mit Chlorophyll-Lösung: Chlorophyll wasserlöslich 2,5 g + Aqua cons. ad 100 g. Die Lösung ist konserviert mit Nipagin und Nipasol.

Zusätzlich

  • Einsatz von Nidolor® (synthetischer Geruchsbinder)

  • Je nach Vorliebe: Raumaromatisierung mittels herber, frischer Düfte wie z. B. Kiefer, Thymian, Eukalyptus, Pfefferminze oder Zitrone.

Ultima Ratio

  • Einschließen des Geruchs durch Abdichten der Wunde nach außen mit einer (Frischhalte-)Folie.

Blutungen

Präventiv

  • Wahl von Wundauflagen, die nicht mit der Wunde verkleben, schonendes Ablösen der Wundauflagen durch vorheriges Anfeuchten.

Leichte Blutung

  • Auflegen oder lockeres Eintamponieren von Alginat-Kompressen (z. B. Askina Sorb®)

  • Alternativ: topische Applikation von Sucralfat-Suspension (z. B. Ulcogant®) auf die Blutungsquelle (off-label-use).

Stärkere Blutung

  • Bei drohender Blutung: Notfallplan und Notfallkoffer erstellen / bereithalten

  • Kompressen mit Xylometazolin (z. B. Otriven®) oder Naphazolinnitrat (Privin®) tränken und damit die Blutungsquelle bedecken, ggf. komprimieren (off-label-use).

  • Alternativ: Suprarenin® in der Verdünnung 1:10 000 (1 Ampulle Suprarenin-Injektionslösung 1:1000 mit 9 ml NaCl 0,9% verdünnen), auf eine Kompresse lokal applizieren

  • Einsatz von resorbierbaren Hämostyptika (z. B. Tabotamb®, Gelita® Tampon, Spongostan®Standard), diese können nach Applikation auf der Wunde belassen werden

  • Nicht resorbierbares Hämostyptikum, das durch die Aktivierung von Gerinnungsfermenten blutstillend wirkt: Clauden®-Gaze (oder Clauden®-Tupfer).

Schmerzen

  • Regelmäßiges Schmerzassessment vor, während und nach dem Verbandwechsel

  • Das Reinigen der Wunde erfolgt sanft durch Spülung oder Nass-Trocken-Phase

  • Spüllösungen vor Gebrauch anwärmen (z. B. im Wasserbad, Einsatz eines Babykostwärmers)

  • Die routinemäßige Verwendung von Pinzetten oder Gaze zum Abwischen der Wundoberfläche ist nicht zu empfehlen: besser Spülung

  • Stechen in die Wunde und Anstoßen der Wunde unbedingt vermeiden

  • Wahl von Verbänden, die beim Anlegen und Entfernen Traumata / Schmerzerfahrung auf ein Minimum reduzieren (z. B. Hydrofaser, Hydrogel, Schaumstoffverbände, perforierte nicht adhärente (haftende) Silikonverbände)

  • Bei ausgetrockneten Verbandmaterialien oder verkrustetem Wundexsudat empfiehlt sich ein schonendes Ablösen der Wundauflage durch vorheriges Anfeuchten mit angewärmter isotonischer Kochsalzlösung oder abgekühltem Salbeitee (2–3 EL Salbei mit 1 Liter kochendem Wasser übergießen und mindestens 4 min ziehen lassen)

  • Wahl von Verbänden zur Minimierung wundbedingter Schmerzen in Bezug auf Tragezeit und Mazeration. Ziel sollte die Reduktion der Verbandwechsel sein, denn weniger Verbandwechsel bedeuten weniger Schmerzen. Wahl eines Verbandes, der in der Lage ist, das Exsudat angemessen zu speichern und ein Austreten von Flüssigkeit verhindert

  • Optimaler Wundrand und -umgebungsschutz zur Vermeidung schmerzhafter Mazeration (s.o.)

  • 30–40 min vor dem Verbandwechsel sollte dem Patienten ein angepasstes, schnell wirksames, also nicht retardiertes Analgetikum verabreicht werden

  • bei starken Ängsten vor dem Verbandwechsel neben der Analgesie an sedierende und anxiolytische Maßnahmen denken (z. B. Lorazepam 1–2 mg s. l., Midazolam 7,5 mg p. o., Flunitrazepam 1–2 mg p. o., ggf. auch sc. oder i. v.)

  • Einsatz analgetischer Gele auf Morphinbasis zur Linderung von Wundschmerzen: 1 mg Morphin wird dabei mit einem 1 g Hydrogel vermischt und meist 1x tgl. auf die Wunde aufgetragen

  • Je nach Bedürfnis und Wunsch des Patienten: Einsatz von Musik, Entspannungsverfahren, Ablenkung, angeleitete Fantasiereisen, Lymphdrainage, TENS (transkutane elektrische Nervenstimulation), Akupunktur

  • Patienten bequem lagern!

Barbara Uebach
Zentrum für Palliativmedizin Malteser
Krankenhaus Bonn / Rhein-Sieg
Von-Hompesch-Str. 1
53123 Bonn

Barbara.Uebach@malteser.org