Allgemeine Homöopathische Zeitung 2012; 257(5): 25-26
DOI: 10.1055/s-0032-1314692
Spektrum
© Karl F. Haug Verlag MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

HomBRex – die Datenbank zur Grundlagenforschung in der Homöopathie

Ein Interview mit Dr. Henning Albrecht
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Publication Date:
19 September 2012 (online)

AHZ: Sehr geehrter Herr Dr. Albrecht, seit einigen Jahren bestückt die Carstens-Stiftung eine Datenbank mit Forschungsarbeiten zur homöopathischen Grundlagenforschung. Wie kam es zu diesem Projekt? Welche Ziele verfolgen Sie mit HomBRex?

Herr Dr. Albrecht: Im Jahre 1997 nahm ich an der Konferenz „Dialogues on High Dilutional Medicine – Mechanisms of Action for Homeopathy“ in Kalamazoo, Michigan, USA, teil. Das war ein hochkarätiges Treffen von Wissenschaftlern, die sich für Grundlagenforschung zur Homöopathie interessieren, zu dem sogar Abgeordnete der amerikanischen Gesundheitsbehörde „National Institutes of Health“ gekommen waren.

Das zentrale Thema der Veranstaltung war, welche Art Grundlagenforschung in Zukunft betrieben werden sollte, um die offenen Fragen, die es zweifellos in der Homöopathie gibt, klären zu können. Allerdings wurde während der Konferenz allzu deutlich, dass eine Vielzahl der Teilnehmer sich nicht bewusst war, wie viele Experimente es in der Grundlagenforschung zur Homöopathie schon zum damaligen Zeitpunkt gab. Es war also notwendig, ein Werkzeug zu schaffen, das alle Grundlagenforschungsexperimente zur Homöopathie erfasst, verschlagwortet und suchbar macht. Wie sonst hätte man klären können, welche Art von zukünftiger Forschung notwendig ist, um Fragen nach dem Simile-Prinzip oder dem Wirkmechanismus der Homöopathie beantworten zu können? Daher haben Prof. Dr. Roeland van Wijk, damals Universität Utrecht in den Niederlanden, und ich noch während der Konferenz den Beschluss gefasst, eine Datenbank zur Grundlagenforschung in der Homöopathie zu erstellen. Bei der Anschlusskonferenz, ein Jahr später in Santa Fe, New Mexico, USA, haben wir dann das Projekt HomBRex angekündigt. HomBRex steht für „Homeopathy Basic Research experiments“. Nach 4 weiteren Jahren, also 2002, wurde das Projekt dann der wissenschaftlichen Fachwelt vorgestellt [1].

Wie umfangreich ist die Datenbank mittlerweile?

Die Datenbank umfasst derzeit ca. 2700 Einträge, wobei noch rund 200 in Bearbeitung sind. Wir nähern uns also der 3000 an.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse des Projekts bisher? Kann man bereits Erkenntnisse formulieren?

Ja, vor allem Folgendes hat sich in den letzten Jahren weiter bestätigt: Leider beschäftigen sich weiterhin viel zu wenige Gruppen mit der Erforschung des Simile-Prinzips, was ja eigentlich das zentrale Anliegen sein sollte. Stattdessen beschäftigen sich 90 % der Artikel mit anderen Fragen wie beispielsweise, ob Hochpotenzen sich vom Lösungsmittel unterscheiden oder ob z. B. Homöopathika bei bestimmten Störungen wirken, wobei diese Behandlungsansätze dann üblicherweise aus der traditionellen Phytotherapie abgeleitet werden. Ein weiteres wichtiges Ergebnis ist, dass es inzwischen zwar viel gute Grundlagenforschung gibt, in der Regel aber unabhängige Wiederholungen dieser Experimente fehlen.

Der Homöopathie wird immer wieder vorgeworfen, dass ihre positiven Studien nicht reproduziert werden. Gibt es innerhalb der großen Menge an Studien zur Grundlagenforschung positive Replikationen?

An dieser Frage scheiden sich die Geister. Wenn man es streng betrachtet, gibt es wohl keine oder fast keine unabhängigen Wiederholungsversuche, die für alle untersuchten Potenzen das gleiche (signifikante) Ergebnis liefern wie die Vorgängerstudie. Wenn man es nicht so streng betrachtet, gibt es etliche, vor allem nichtunabhängige Replikationen, die zumindest für einige Potenzen das gleiche oder tendenziell das gleiche Ergebnis liefern wie Versuche in Vorgängerstudien. Diese Wiederholungsstudien finden dann in der Regel aber auch immer Potenzen, bei denen kein Effekt auftritt oder sogar gegensinnige Effekte, im Vergleich zur Vorgängerstudie, auftreten.

Ergibt sich aus dem Material aus Ihrer Sicht eine Forschungsperspektive für die Zukunft?

Es gibt sehr viele Perspektiven. Mit Bezug auf das Simile-Prinzip sollten die erfolgreichen Versuche von Prof. Dr. Roeland van Wijk wiederholt werden [5]. Im Bereich Hochpotenzforschung gibt es die erstklassigen Studien der Gruppe von Dr. Baumgartner aus der Schweiz (z. B. [2], [4]), die nun noch auf unabhängige Wiederholungen warten. Das sind jetzt nur 2 erstklassige Beispiele; natürlich gibt es auch andere sehr gute Gruppen mit interessanten Veröffentlichungen.

Kann auch der homöopathische Praktiker die Datenbank nutzen? Kann sie dem Praktiker helfen?

Nein, im Großen und Ganzen denke ich eher nicht. Aus der Praxissicht sind wohl nur die Arzneimittelprüfungen an Menschen interessant, die natürlich in HomBRex zu finden sind, solange in ihnen objektivierbare Messparameter erfasst werden (z. B. Blutwerte). Ihr zahlenmäßiger Anteil ist jedoch klein. Der Praktiker profitiert eher davon, wenn die Grundlagenforschungsergebnisse ausgewertet werden, sich eine Tendenz ergibt und diese Tendenz Grundlage für eine klinische Studie ist. So haben wir einen Übersichtsartikel über Infektionsmodelle in der Grundlagenforschung zur Homöopathie veröffentlicht, auf dessen Basis Arzneimittelhersteller neue Studien planen könnten [3].

Wie können wir Ihre Arbeit sinnvollerweise unterstützen?

Wir versuchen, möglichst alle Experimente der Grundlagenforschung zur Homöopathie zu erfassen. Die wissenschaftlichen Journale decken wir dabei wohl auch gut ab. Aber vor allem bei Büchern und Berichten stoßen wir oft zufällig auf Experimente, die für die Datenbank von Interesse sind. Daher freuen wir uns immer, wenn wir von Nutzern der HomBRex-Datenbank auf fehlende Experimente hingewiesen werden.

Herr Dr. Albrecht, wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!

Das Interview führte Michael Teut

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  • Literatur

  • 1 Albrecht H, Van Wijk R, Dittloff S. (2002) A new database on basic research in homeopathy. Homeopathy 2002; 91(3): 162-165
  • 2 Baumgartner S, Shah D, Schaller J et al. Reproducibility of dwarf pea shoot growth stimulation by homeopathic potencies of gibberellic acid. Complement Ther Med 2008; 16(4): 183-191
  • 3 Clausen J, Van Wijk R, Albrecht H. Infection models in basic research on homeopathy. Homeopathy 2010; 99(4): 263-270
  • 4 Jäger T, Scherr C, Simon M et al. Effects of homeopathic arsenicum album, nosode, and gibberellic acid preparations on the growth rate of arsenic-impaired duckweed (Lemna gibba L.). ScientificWorldJournal 2010; 10: 2112-2129
  • 5 Van Wijk R, Wiegant FAC. The Similia Principle. An experimental Approach on the Cornerstone of Homeopathy. Essen: KVC; 2006