Deutsche Zeitschrift für Onkologie 2012; 44(2): 78-80
DOI: 10.1055/s-0032-1314666
Praxis
© Karl F. Haug Verlag MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Polyneuropathie mit Traditioneller Chinesischer Medizin behandeln

Christian Schmincke
Further Information

Publication History

Publication Date:
22 June 2012 (online)

Einleitung

Der Einsatz immer neuer chemischer Substanzen in der Therapie bösartiger Erkrankungen konfrontiert Patient und Arzt zunehmend mit dem Problem der Nebenwirkungen dieser Medikamente. Zu den toxischen Langzeitschäden von Zytostatika zählen die Neuropathien. Mit ihnen haben Patienten noch zu kämpfen, wenn das Tumorleiden selbst fast vergessen ist.

Die Polyneuropathie stellt einen Behandlungsschwerpunkt der Klinik am Steigerwald dar. In den vergangenen 15 Jahren konnten wir zeigen, dass sich durch Einsatz traditioneller chinesischer Heilmethoden, insbesondere der Arzneitherapie, Besserungen erzielen lassen, die bei konventioneller Methodik nicht zu erwarten sind [5].

Eines der Hauptmerkmale von Tumorgewebe, sein entfesseltes Wachstum, ist wichtigstes Zielkriterium beim Einsatz zytostatischer Medikamente und entsprechend gefährdet sind gesunde Gewebe mit vergleichbarer Zellteilungsrate. In Übereinstimmung mit dem pharmakologischen Wirkmodell macht sich die Schädigung der gastrointestinalen Schleimhäute, der Haarwurzeln und des Knochenmarks zeitnah zur Therapie bemerkbar und ist, in der Regel, reversibel.

Periphere Nerven werden zu den „ruhenden Geweben“ gezählt. Für die neurotoxische Wirkung der Zytostatika mussten deshalb komplexere Erklärungsmodelle entwickelt werden. Viele Details sind jedoch noch ungeklärt. Zudem finden wir ein sehr uneinheitliches Bild, was Ort und Zeitverlauf der Schädigung betrifft: Es gibt Frühschäden, Schäden nach Latenzzeiten von Wochen und Monaten, Reversibilität; das ZNS kann beteiligt sein.

Welcher Anteil derartiger Nervenschäden irreversibel ist, entzieht sich unserer Kenntnis. Maßgeblich sind hier neben der Art der eingesetzten Medikamente Patientenvariablen, deren Rolle nur teilweise erforscht ist. Hierzu zählen verständlicherweise Erkrankungen, die als prädisponierend für eine periphere Polyneuropathie (PNP) gelten, ferner größere Operationen im Rahmen der Tumorbehandlung (speziell bei Oxaliplatin) [2]. Eigene Beobachtungen legen nahe, dass generell Operationen, Hyposensibilisierungsbehandlungen, milcheiweißreiche Ernährung prädisponierenden Einfluss haben können.

Die Situation wird dadurch noch unübersichtlicher, dass die unmittelbaren Belastungen durch das Tumorleiden und seine Behandlung im Fokus von Arzt und Patient stehen. Das allmähliche Aufkommen etwa von Taubheitsgefühlen in den Füßen wird so leicht übersehen.

 
  • Literatur

  • 1 Abuaisha BB, Constanzi JB, Boulton AJM. Acupuncture for the treatment of chronic painful peripheral diabetic neuropathic: a long-term study. Diabetes Res Clin Pract 1998; 39: 115-121
  • 2 Bartsch HH, Jaroslawski K, Rostock M. Chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (CIPN), ein progredientes Problem im onkologischen Alltag. Im Focus Onkologie 2010; 11: 44-58
  • 3 Friedl F. Qualitätsmanagement in der chinesischen Arzneitherapie. Dtsch Z Akup 2000; 43: 279-282
  • 4 Schmincke C et al. Evaluation von Verfahren der traditionellen chinesischen Medizin in der Klinik am Steigerwald. Teil 2: Therapieerfolg und dessen Nachhaltigkeit. Forsch Komplementärmed 2010; 17: 321-332
  • 5 Schmincke C. Polyneuropathie-Behandlung in der Klinik am Steigerwald. Chinesische Medizin 2009; 24: 17-27
  • 6 Schröder S, Lipoert J, Temppis A, Greten JH. Acupuncture treatment improves nerve conduction in peripheral neuropathy. Eur J Neurol 2007; 14: 276-281