Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_154
DOI: 10.1055/s-0032-1314651

Phänotypische Charakterisierung einer neuen MODY3-Mutation in einer Familie unter Berücksichtigung der Wechselwirkung von endogenen und exogenen Pathogenitätsfaktoren

MK Herman-Friede 1, J Haas 1, B Knebel 2, J Kotzka 2, D Müller-Wieland 1
  • 1Institut für Diabetes-Forschung, Abteilung für Allgemeine Innere Medizin, Asklepios Klinik St. Georg, Asklepios Campus Hamburg, Fakultät für Medizin der Semmelweis-Universität, Hamburg, Germany
  • 2Institut für Klinische Biochemie und Pathobiochemie, Deutsches Diabetes Zentrum, Leibnitz Zentrum für Diabetes Forschung an der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Germany

Fragestellung: „Maturity onset diabetes of the young“ (MODY) ist eine Gruppe von klinisch und genetisch heterogenen familiären Erkrankungen mit einem klinischen Erscheinungsbild ähnlich dem nicht-insulinabhängigen Diabetes mellitus Typ 2. Ein wesentliches Charakteristikum ist die autosomal dominate Vererbung und eine frühe Diabetesmanifestation. Die Auswirkungen von Umweltfaktoren auf einen solchen weitgehend genetisch determinierten Diabetes ermöglicht eingehende Untersuchungen zur Diabetes-Ätiologie als multifaktorielle Erkrankung.

Methodik: In einer Familie mit früher Diabetesmanifestation wurde durch molekulare Diagnostik ein MODY-Diabetes identifiziert. Drei Generationen der Familie wurden eingehend klinisch sowie metabolisch untersucht sowie klinisch-chemisch analysiert. Ein zusätzlich auftretender Typ-2-Diabetes in dieser MODY3-Familie wurde als Manifestation von exogenen Einflussfaktoren auf die phänotypischen Charakteristika untersucht.

Ergebnisse: Bei der Indexpatientin wurden initial bekannte heterozygote Polymorphismen in Exon 7 sowie eine bislang noch nicht eingehend beschriebene komplexe „frameshift- deletion“ Mutation im Exon 9 des HNF-1α Gens identifiziert. Da neben der Indexpatientin drei weitere Familienmitglieder Träger der Exon 9 Mutation des HNF-1α Gens und Diabetiker mit früher Manifestation sind, war eine Assoziation zum diabetischen Phänotyp sehr wahrscheinlich. Die klinischen Untersuchungen der Probanden zeigten, dass die detektierte Genvariante mit einem Insulinsekretionsdefekt sowie einer Fettstoffwechselstörung assoziiert ist. Zusätzlich zum MODY3 Phänotyp, der mit der Mutation in Exon 9 kosegregiert, wurde in diesem Pedigree ein MODY-unabhängiger Typ 2 Diabetes detektiert der bei den Betroffenen die phänotypischen MODY-Effekte in Abhängigkeit zum Lebensstil mit energie- und fettreicher Ernährung und einem Bewegungsmangel progredient beeinflusst.

Schlussfolgerungen: Die vorliegende Insulinsekretionsstörung des beschriebenen MODY3 mit positiver Familienanamnese über mehrere Generationen wird überlagert durch einen Typ-2-Diabetes, der zu einer zusätzlichen graduellen Beeinträchtigung der Insulinwirkung führt. Diese familiäre Konstellation bietet einen interessanten Ansatz zur phänotypischen Charakterisierung einer neuen MODY3-Mutation und darüber hinaus zur Untersuchung der Wechselwirkung von endogenen und exogenen Pathogenitätsfaktoren. In diesem speziellen Fall wird eine individuelle Therapie und Prophylaxe für noch nicht erkrankte Mutationsträger möglich.