Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_136
DOI: 10.1055/s-0032-1314633

Depression: Ergebnisse eines Screenings bei stationären Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes

M Janert 1, L Lemmer 1, MA Nauck 1
  • 1Diabeteszentrum Bad Lauterberg, Bad Lauterberg im Harz, Germany

Einleitung/Fragestellung: Depressionen sind bei Patienten mit Typ 2-Diabetes häufig. Für Patienten mit Typ 1-Diabetes ist die Datenlage weniger klar. Es ist anzunehmen, dass bei stationären Patienten eher mit einer Häufung einer depressiven Komorbidität zu rechnen ist. Deshalb sollte bei konsekutiven Patienten, die in eine spezialisierte Diabetesklinik aufgenommen wurden, die Prävalenz relevant ausgeprägter depressiver Merkmale bei Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes getestet werden.

Patienten/Methodik: Über 3 Monate wurde bei 247 behandelten Patienten mit Typ 1-Diabetes (29,6%) und Typ 2-Diabetes (70,5%) ein Depressions-Screening durchgeführt. Als Screening-Instrument wurde das Beck-Depressions-Inventar (BDI) benutzt. Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes unterschieden sich hinsichtlich Alter (46±16 vs. 58±13J., p<0,0001), Geschlecht (w/m: 45/28 vs. 69/105, p=0,0020), BMI (26,6±5,1 vs. 33,2±6,8kg/m2, p<0,0001), Diabetesdauer (19±8 vs. 11±9J., p<0,0001) aber nicht hinsichtlich HbA1c (8,8±1,7 vs. 9,1±1,8%, p=0,27). Statistische Analyse: chi2-Test, ANOVA, angegeben werden Proportionen (%) bzw. Mittelwert und Standardabweichung.

Ergebnisse: Bei Patienten mit Typ 2-Diabetes wurde in 55 Fällen ein BDI-Score ≥13 festgestellt, d.h. bei 31,6%. Die entsprechenden Zahlen für Patienten mit Typ 1-Diabetes waren 19 Fälle mit BDI-Score ≥13 (26,1%). Die relativen Anteile unterschieden sich nicht signifikant zwischen Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes (p=0,68). Von den Patienten mit Typ 2-Diabetes mit depressiven Merkmalen wurde in 32 Fällen (58,2%) eine psychiatrische Diagnose gestellt (überwiegend F32.9), und in 9 Fällen (gegenüber keinem Fall mit unverdächtigem BDI-Score), d.h. 16,4%, wurde eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva empfohlen. Dies war zwar ein höherer Anteil als bei den Patienten ohne depressive Merkmale (16,4 vs. 0,0%, <0,0001), aber nur ein kleinerer Anteil der Patienten mit depressiven Merkmalen. Von den Patienten mit Typ 1-Diabetes und depressiven Merkmalen wurde in 14 Fällen (73,7%) eine psychiatrische Diagnose gestellt (überwiegend F32.9), und in 3 Fällen (15,8%, gegenüber 3 Fällen mit unverdächtigem BDI-Score, p=0,16) wurde eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva empfohlen. Dies war zwar ein höherer Anteil als bei den Patienten mit Typ 1-Diabetes ohne depressive Merkmale (15,8 vs. 5,6%, <0,0001), aber das Merkmal schlug sich nur in einem kleineren Anteil der Patienten in einer klinischen Diagnose und medikamentösen Therapie nieder.

Schlussfolgerungen: Depressive Merkmale kommen bei Patienten einer Diabetes-Spezialklinik häufig vor, erstaunlicherweise gleichermaßen bei Typ 1- wie bei Typ 2-Diabetes. Auch ausgeprägte depressive Merkmale, wie sie durch einen BDI-Score ≥13 charakterisiert werden, finden nur teilweise ihre Korrespondenz in einer entsprechenden Diagnose. Ein noch kleinerer Anteil wird auch medikamentös antidepressiv behandelt.