Hintergrund: Diabetespatienten mit depressiver Symptomatik weisen ein signifikant höheres Risiko
für diabetesbedingte Folgekomplikationen und eine höhere Mortalität auf. Bisher ist
jedoch wenig über die vermittelnden Mechanismen zwischen Depressivität und dem ungünstigen
Krankheitsverlauf bekannt. In der vorliegenden Studie wurden Zusammenhänge zwischen
Depressivität und Parametern des kleinen Blutbildes (Anzahl der Thrombozyten, Erythrozyten,
Leukozyten und Hämoglobinwert) untersucht.
Methodik: Mithilfe eines Depressionsfragebogens (dt. Version der Center of Epidemiologic Studies
Depression Scale (CES-D)) wurde das Ausmaß der Depressivität erfasst. Die Erythrozyten-,
Leukozyten- und Thrombozytenkonzentrationen sowie der Hämoglobinwert wurden bestimmt.
Zusätzlich wurden medizinische Variablen (Alter, BMI, Diabetesdauer und Anzahl von
Folgekrankheiten) sowie psychosoziale Variablen (diabetesbezogene Belastung, Diabetesakzeptanz
und Selbstbehandlungverhalten) als Kontrollfaktoren erhoben.
Ergebnisse: 273 Diabetespatienten (Alter=43±14J; 54% weiblich; BMI=29±7kg/m2; 66% Typ-1-Diabetes;
Diabetesdauer=14±10J; 96% mit Insulintherapie; HbA1c=8,8±1,8%) nahmen an der Untersuchung
teil. Der mittlere Depressionswert lag bei 20,4±10,5, dies zeigt eine moderat erhöhte
Depressivität an. Die mittlere Thrombozytenkonzentration lag mit 250000±62000 St./µl
im Normbereich. Die bivariate Regression zeigte einen signifikanten Zusammenhang zwischen
dem Depressionswert und der Thrombozytenzahl (β=0,18, p<0,01). Die Zusammenhänge zwischen
Depressionswert und Erythrozytenzahl (β=-0,08, p=0,21), Leukozytenzahl (β=0,11, p=0,06)
und Hämoglobinwert (β=-0,11, p=0,07) waren nicht signifikant. In der multivariaten
Analyse mit der Thrombozytenzahl als abhängiger Variablen erwiesen sich der Depressivitätswert
(β=0,14, p=0,03), der Hämoglobinwert (β=-0,41, p<0,01), die Leukozytenzahl (β=0,20,
p<0,01), das Alter (β=-0,26, p<0,01) sowie die Diabetesdauer (β=0,16, p<0,01) als
signifikante Prädiktoren. Die übrigen Variablen zeigten keine signifikanten Zusammenhänge
mit der Thrombozytenzahl.
Diskussion: In der vorliegenden Untersuchung war eine erhöhte Depressivität mit einer höheren
Thrombozytenkonzentration als einzigem der untersuchten Laborparameter signifikant
assoziiert. Aufgrund des Querschnittscharakters der Untersuchung kann die beobachtete
Assoziation allerdings nicht kausal interpretiert werden. Der auch in der multivariaten
Analyse bestätigte Zusammenhang zwischen erhöhter Depressivität und der Thrombozytenkonzentration
könnte ein erster Hinweis darauf sein, dass nicht nur bei dem Vorliegen einer klinischen
Depression, sondern bereits bei einer leicht bis moderat erhöhten Depressivität ein
Einfluss auf die Blutgerinnung bestehen kann.
Unterstützt vom „Kompetenznetz Diabetes mellitus“ des BMBF (FKZ 01GI0809).