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DOI: 10.1055/s-0032-1314610
Wie viele Medikamente (Wirkstoffe, Tabletten, Injektionen, andere Darreichungsformen) werden typischerweise bei Typ 1- und Typ 2-Diabetes verordnet?
Einleitung/Fragestellung: Patienten mit Diabetes sollen häufig eine größere Zahl an Medikamenten regelmäßig einnehmen, und häufig sind Widerstände zu beobachten („so viel Chemie kann gar nicht gesund sein“), die zu einer mangelnden Therapie-Adhärenz führen können. Deshalb scheint eine quantitative Erfassung typischer Medikamenten-Verordnungen bei Typ 1- und Typ 2-Diabetes sinnvoll.
Patienten und Methodik: Die Krankenakten von 155 bzw. 154 konsekutiven Patienten mit Typ 1- bzw. Typ 2-Diabetes (Frauen/Männer 78/77 vs. 63/91; Alter 50±16 vs. 61±12J.; BMI 27,3±5,3 vs. 33,7±6,2kg/m2; Diabetesdauer 18±13 vs. 12±11J.) wurden retrospektiv standardisiert ausgewertet. Alle Medikamente (im Einzelnen: Diabetestherapie, Hypertonie-Behandlung, Kardiovaskuläre Medikation, Schmerzmittel, Psychopharmaka, sonstige) wurden gezählt (Wirkstoffe, Tabletten pro Tag, Injektionen pro Tag usw.). Der Anteil von Verordnungen, die zur Behandlung des Diabetes und ggf. einer Hypertonie eingesetzt wurden, der Empfehlungen aktueller deutscher Leilinien entsprach, wurde ermittelt und als prozentualer Anteil der Verordnungen insgesamt ausgedrückt. Deskriptive Statistik: Mittelwerte±SD.
Ergebnisse: Patienten mit Typ 2-Diabetes erhielten 8,4±3,0 Wirkstoffe pro Tag (Maximum: 16), 8,6±3,9 Tabletten pro Tag (Maximum: 22), 2,6±1,6 Injektionen pro Tag (Maximum: 7), zusammen 11,6±4,5 Medikamenten-Dosen pro Tag (einschließlich Inhalationen, Pflastern usw.; Maximum: 27). Die entsprechenden Zahlen für Patienten mit Typ 1-Diabetes waren 5,5±3,4 Wirkstoffe pro Tag, 4,5±4,3 Tabletten pro Tag, 3,9±2,2 Injektionen pro Tag, zusammen 8,5±5,1 Medikamenten-Dosen pro Tag. Die in der Diabetes- und Hypertonie-Behandlung eingesetzten Medikamente entsprachen bei Typ 2-Diabetes in 100 und 98% und bei Typ 1-Diabetes in 98 und 97% Leitlinienempfehlungen.
Schlussfolgerungen: Die mögliche Belastung durch Verordnung zahlreicher Medikamente ist bei Typ 1- und Typ 2-Diabetes erheblich, aber bei Typ 2-Diabetes größer als bei Typ 1-Diabetes. Da die Verordnungen überwiegend mit Leitlinien-Empfehlungen übereinstimmen, liegt ein Nutzen für die Patienten trotz hoher Medikamentenbelastung nahe. Die vorliegenden Analysen liefern Anhaltszahlen, die helfen können, die Medikamentenbelastung solcher Patienten zu bewerten und Strategien zur verbesserten Therapie-Adhärenz zu entwickeln.