Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - P_36
DOI: 10.1055/s-0032-1314533

Identifikation und Modellierung komplexer Stoffwechselvorgänge am Beispiel der Insulinresistenz ermöglicht frühzeitige Diagnose, Verlaufsbeobachtung und Vorhersageanalyse des Diabetes mellitus Typ II

C Eberle 1, W Palinski 2, C Ament 3
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, München, Germany
  • 2University of California San Diego (UCSD), Department of Medicine, La Jolla, United States
  • 3Technische Universität Ilmenau, Institut für Automatisierungs- und Systemtechnik, Ilmenau, Germany

Fragestellung: Weltweit zeigt sich eine steigende Prävalenz des Diabetes mellitus (DM) und des Metabolischen Syndroms (MS). Aus pathophysiologischer Sicht spielt diesbezüglich die Insulinresistenz (IR) eine zentrale Rolle. Auch in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen korreliert die Inzidenz der Insulinresistenz signifikant. In der Praxis zeigt sich die Diagnostik der IR als erschwert und häufig wenig praktikabel. Um Stoffwechselvorgänge präzise und individuell bestimmen und um frühzeitig präventiv therapeutisch einwirken zu können, wurde ein experimentelles in vivo LDL-/--Maus-Modell etabliert und die Insulin-Sensitivität kX , die Glukose-Sensitivitäten kG 1 (Phase 1) und kG 2 (Phase 2) sowie die Zeitkonstante der Glukose-Resorption TG mathematisch identifiziert.

Methodik: Am LDL-/--Maus-Modell wurden diverse metabolische Konstellationen erzielt. Die experimentelle Gruppe erhielt eine 1,25%-Cholesterin/21%-Fett-Diät (ad lib), während die Kontrollgruppe eine normokalorische Tiernahrung verabreicht bekam (ad lib). Neben regelmäßigen Bestimmungen des Körpergewichts, Gesamtcholesterins, LDL- und HDL-Konzentrationen, etc., wurde zu den Zeitpunkten A (vor Diätbeginn), B (während der Diät) sowie C (nach Absetzen der Diät) ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt.

Um die unterschiedlichen diätetischen Einflussfaktoren auf die komplexen Stoffwechselvorgänge, insbesondere der Glukose-Insulin-Homöostase, identifizieren zu können, wurde auf dem Boden des „Minimal Models“ ein nichtlineares mathematisches Modell 5. Ordnung zur Identifikation und Vorhersage metabolischer Prozesse konzipiert. Neben kontinuierlicher Bestimmung der Plasma-Insulin- und Plasma-Glukosekonzentrationen (Zustände 1, 2) werden die interstitielle Insulinkonzentrationen (Zustand 3) sowie die Phase-1- und Phase-2-Insulinsekretionen (Zustände 4, 5) berücksichtigt. Zur Erstellung einer individuellen Risikofaktorenkonstellation wurden die Parameter TG , kG 1, kG 2 und kX als relevant etabliert.

Ergebnisse: In Zeitpunkt B kann eine signifikanten Zunahme des Körpergewichts (p<0,001), der Cholesterinkonzentration (p<0,001) und des LDLs (p=0,03) im Vergleich zu A bestimmt werden. Die Modellparameter zeigen dabei eine signifikante Verminderung von kX (p=0,003) und eine kompensatorische Erhöhung von kG 1 und kG 2 (p<0,001).

Nach Absetzen der Diät in C vermindert sich sowohl kG 1 (p=0,02) als auch kX (p=0,03) in Bezug auf A.

Schlussfolgerungen: Das neu etablierte Modell zur Identifikation spezifischer metabolischer Parameter eignet sich zur frühzeitigen Diagnose, Verlaufsbeobachtung und Vorhersageanalyse der IR, des DM Typ II bzw. MS. Insbesondere ist eine Subklassifikation möglich:

TG erhöht, kG 2 vermindert: verminderte Glukose-Toleranz

kX vermindert, kG 1 erhöht: zusätzlich negative Lifestyle Einflüsse

kX , kG 1 vermindert: DM Typ 2

Somit können individuelle Analysen metabolischer Risikofaktoren und Präventionsstrategien bestimmt sowie frühzeitig therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.