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DOI: 10.1055/s-0032-1314504
Eine seltene Diabetesform: das Wolcott-Rallison-Syndrom (Fallbeschreibung)
Manifestiert ein Säugling im ersten Lebenshalbjahr an einem Diabetes mellitus, so kann dieser persistieren oder transient auftreten. Eine zügige molekulargenetische Abklärung ist zwingend geboten, da sich therapeutische und prognostische Konsequenzen ergeben (s.a. Leitlinien DDG).
Wir berichten über ein 2,6 Jahre altes Mädchen serbischer nichtkonsanguiner Eltern, welches mit schweren therapieresistenten Hypoglyämien bei einem Diabetes mellitus “Typ 1“ seit dem 3. Lebensmonat akut vorgestellt wurde. Die Manifestation sei mit einem Nierenversagen einhergegangen. Zum Vorstellungszeitpunkt waren in mehrfachen stationären Aufenthalten im Heimatland eine Zöliakie mit schwerer Malabsorption trotz glutenfreier Ernährung, eine Hypothyreose und eine schwere hämolytische Anämie diagnostiziert worden. Neben dem postnatalen Minderwuchs des Kindes fiel eine schwere Pankreasinsuffizienz mit resultierender ausgeprägter Eisenmangelanämie auf. Es konnte molekulargenetisch eine heterozygote nonsens-Mutation im EIF2AK3-Gen gefunden werden (Royal Devon and Exeter NHS foundation trust, Exeter). Das Genprodukt ist ein Schlüsselenzym zur regulativen Kontrolle der Translation ungefalteter Proteine und wird sehr früh im fetalen Pankreas sowie in den β- Zellen und im exokrinen Gewebe des adulten Pankreas, im wachsenden Knochen, der Leber und der Niere exprimiert. Funktionsverlust führt zu Akkumulation ungefalteter Proteine wie z.B. des Präproinsulins im ER und zu Apoptose durch ER-Stress und Chaperondysfunktion.
Das komplexe Bild des Wolcott-Rallison-Syndroms mit variablem Verlauf wird dadurch erklärbar: regelmäßig finden sich ein PNDM mit schweren Hypoglyämien und multiple epiphyseale Dysplasien. In variabler Ausprägung treten exokrine Pankreasinsuffizienz, Schübe schwerer Hepatiopathien, Nierenfuntionsstörungen, intelektuelle Defizite, rekurrierende Infektionen und Hypothyreose auf. Der Diabetes sollte sofort mit einer Insulinpumpentherapie geführt werden, die zusätzlich hepatisch bedingten Hypoglykämien sind unbedingt zu vermeiden und schwer zu therapieren. Trotz symptomatischer Behandlung der Pankreasinsuffizienz und des Diabetes ist die Prognose ungewiß. Möglicherweise wird das WRS wegen früher Letalität unterdiagnostiziert, bisher sind in der Literatur weniger als 60 Patienten bekannt.