Diabetologie und Stoffwechsel 2012; 7 - FV_52
DOI: 10.1055/s-0032-1314484

Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko bei 102.339 DM-Typ-2-Patienten der Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation (DPV): Wer ist gefährdet?

E Molz 1, A Risse 2, U Welp-Overmann 3, F Jockenhoevel 3, M Bollen 4, K Badenhoop 5 RW Holl 1, für das DPV-Register und das Kompetenznetz Diabetes mellitus, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
  • 1Universität Ulm, Institut für Epidemiologie und medizinische Biometrie, ZIBMT, Ulm, Germany
  • 2Dortmund Nord Innere, Dortmund, Germany
  • 3Evangelisches Krankenhaus Herne – Innere, Herne, Germany
  • 4Marienhausklinik St. Josef Kohlhof – Innere, Neunkirchen, Germany
  • 5Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt, Frankfurt, Germany

Fragestellung: Herzinfarkt und Schlaganfall sind häufige Todesursachen von Menschen mit Typ-2-Diabetes in Deutschland. Ziel dieser Auswertung war die Häufigkeit in einem großen Typ-2-Diabetes-Patientenkollektiv darzustellen. Die Daten wurden multizentrisch innerhalb der Routine-Betreuung in spezialisierten Diabeteseinrichtungen erhoben. Neben demografischen Faktoren (Alter, Geschlecht, Diabetesdauer) wurden auch kardiovaskuläre Risikofaktoren (Hypertonie, Dyslipidämie, Nikotinkonsum, BMI>30kg/m2), die Stoffwechseleinstellung und die Art der Diabetestherapie untersucht.

Methodik: In der DPV-Datenbank liegen anonymisierte Verlaufsdaten von insgesamt 260.920 Patienten aus 364 Behandlungszentren vor. 102.339 erwachsene Patienten haben einen Diabetes Typ 2. Das Herzinfarkt- bzw. Schlaganfallrisiko wurde mit logistischen Regressionsmodellen (adjustiert für Geschlecht, Alter bei Diagnose und Diabetesdauer über einen Propensity Score) untersucht (SAS 9.2).

Ergebnisse: Das mittlere Alter der Patienten betrug 68,5±12,5 Jahre, 51,5% waren männlich, der mittlere BMI lag bei 30,8±6,4kg/m2 und die mittlere Diabetesdauer bei 10,1±9,2 Jahren. Bei 9,9% der Patienten wurde ein Myokardinfarkt (MI) und bei 8,3% ein Apoplex dokumentiert.

Patienten mit Schlaganfall waren signifikant älter als Patienten mit Herzinfarkt (73,4±9,8 Jahre vs. 71,0±9,9 Jahre; p<0,0001), hatten häufiger Hypertonie (84,1% vs. 80,0%; p<0,0001) und nahmen seltener Antihypertensiva (67,0% vs. 69,0%). Eine Dyslipidämie lag jeweils bei 86% der Patienten vor. 39,4% der Apoplex-Patienten wurden mit Lipidsenkern behandelt (MI: 52,5%; p<0,0001). Der Anteil Patienten, der trotz Medikation eine Hypertonie bzw. Dyslipidämie hatte, betrug in der Schlaganfall-Gruppe 43,4% bzw. 20,9% (MI: 41,7% bzw. 29,9%).

50,6% der Patienten mit Apoplex bekamen OAD/GLP, 60,8% Insulin (MI: 51,7% und 59,1%). Der mittlere HbA1c lag für Schlaganfall-Patienten bei 7,44±1,8% (MI: 7,34±1,7%). Der Anteil Männer war in der Gruppe Herzinfarkt größer als in der Gruppe Schlaganfall (62,9% vs. 51,1%; p<0,0001). Dieser Effekt zeigt sich in jeder Alterskategorie (MI – Apoplex: <50 Jahre 76,6% –55,4%, 50–70 Jahre 71,3% –63,0%, >=70 Jahre 56,6% –45,6%).

Signifikante Risikofaktoren für Apoplex waren Hypertension, Dyslipidämie, hohe HbA1c-Werte, die Behandlung mit Insulin und die Sulfonylharnstofftherapie (MI: Hypertension, Dyslipidämie, Rauchen, Behandlung mit Insulin).

Schlussfolgerung: In der Datenbank zeigt sich eine hohe Rate kardiovaskulärer Endpunkte bei Patienten mit Typ-2-Diabetes. Männer mit Myokardinfarkt überwiegen. Der Unterschied ist im jungen Alter ausgeprägter. Beim Apoplex war das Verhältnis weitgehend ausgeglichen. Die standardisierte multizentrische Erhebung bildet Stärken und Schwächen der Versorgung von Menschen mit Diabetes in spezialisierten Diabetes-Einrichtungen ab.