Fragestellung: Die Prävalenz des Typ 2 Diabetes liegt bei Nachkommen von Hundertjährigen beziehungsweise
von 90-jährigen mit einem ebenfalls mindestens 90-jährigen Geschwister niedriger als
bei Nachkommen nicht langlebiger Eltern. Wir haben untersucht, ob eine derartige Verringerung
der Diabetesprävalenz auch bei weniger extremen Kriterien für Langlebigkeit auftritt
(Lebensspanne mindestens 80 Jahre bei wenigstens einem Elternteil), und ob elterliche
Langlebigkeit auch mit der Prävalenz von Prädiabetes sowie mit der Inzidenz des Diabetes
assoziiert ist.
Methode: Die Analysen wurden mit Baseline- und 7-Jahres-Follow-up-Daten von 55–74-jährigen
Teilnehmern an der KORA S4/F4-Kohortenstudie durchgeführt. Teilnehmer, deren Eltern
infolge traumatischer Ereignisse (Krieg, Mord u.ä.) verstorben waren, wurden ausgeschlossen.
Das Vorliegen eines Typ 2 Diabetes wurde anhand validierter ärztlicher Diagnosen oder
anhand oraler Glukosetoleranztests abgesichert. Mit logistischen Regressionsmodellen
wurden Odds Ratios (OR) und 95%-Konfidenzintervalle (KI) für die Assoziationen zwischen
elterlicher Langlebigkeit und Glukoseregulierung bei Studienbeginn (normale Glukosetoleranz,
Prädiabetes, Typ 2 Diabetes) beziehungsweise zwischen elterlicher Langlebigkeit und
inzidentem Diabetes berechnet.
Ergebnisse: In alters- und geschlechtsadjustierten Analysen war die Diabetesprävalenz bei Probanden
mit einem beziehungsweise zwei Eltern mit einer Lebenserwartung von mindestens 80
Jahren signifikant niedriger als bei Probanden ohne langlebige Eltern (OR=0,63, 95%-KI:
0,43–0,93, bzw. OR=0,46, 95%-KI: 0,25–0,85). Der Zusammenhang zwischen Langlebigkeit
des Vaters und Prävalenz des Prädiabetes lag an der Grenze zur statistischen Signifikanz
(OR=0,72; 95%-KI: 0,52–1,00); für die Langlebigkeit der Mutter fand sich ein derartiger
Zusammenhang nicht (OR=0,92; 95%-KI: 0,70–1,21). Es zeigte sich kein signifikanter
Zusammenhang zwischen elterlicher Langlebigkeit und inzidentem Diabetes (OR=0,76,
95%-KI: 0,33–1,72 für Probanden mit zwei langlebigen Elternteilen versus Probanden
ohne langlebiges Elternteil).
Schlussfolgerung: Personen, deren Eltern 80 Jahre oder älter wurden, weisen eine deutlich geringere
Diabetesprävalenz auf. Wir fanden Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Langlebigkeit
der Eltern und der Prävalenz des Prädiabetes, aber nicht auf einen Zusammenhang zwischen
elterlicher Langlebigkeit und inzidentem Diabetes.