Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72 - P71
DOI: 10.1055/s-0032-1313714

AMH während Chemotherapie unter Fertilitätsprotektion mittels GNRH-Analoga

SC Ziehr 1, C Lechner 1, KF Murach 1, T Grubinger 2, A Griesmacher 3, L Wildt 1
  • 1Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Department Frauenheilkunde
  • 2Department für Medizinische Statistik, Informatik und Gesundheitsökonomie
  • 3Medizinische Universität Innsbruck. Zentralinstitut für med. und chem. Labordiagnostik (ZIMCL), Landeskrankenhaus Innsbruck

Fragestellung: Das Anti-Müller-Hormon (AMH) wird bei geschlechtsreifen Frauen durch die Granulosazellen der frühen Antralfollikel gebildet. Bei Patientinnen unter Chemotherapie wurde beobachtet, dass die AMH-Werte durch die Zytotoxizität stark abfielen. Daher wird im Rahmen der Fertilitätsprotektion versucht, durch die Gabe von GnRH-Analoga das Ovargewebe zu schützen. Methodik: Im Rahmen einer retrospektiven Datenanalyse wurde bei 71 Patientinnen (<45J.), die ab 2004 eine Chemotherapie mit zusätzlicher Gabe von GnRH-Analoga erhalten hatten, der Hormonstatus inkl. AMH erhoben. Die zur Analyse erforderlichen Daten wurden aus den vorliegenden Patientenakten sowie dem klinischen Informationssystem entnommen. Ergebnisse: Das mittlere Erkrankungsalter der Patientinnen lag bei 24±6,1 Jahren. Zu 90,9% waren die Zyklen vor Therapiebeginn regelmäßig. Die durchschnittliche Behandlungsdauer der Chemotherapie (CTX) lag bei 18,0 Wochen, die Behandlung mit GnRH-Analoga bei 21,5 Wochen. Die Patientinnen wurden Diagnose-Gruppen zugeordnet: Hämatologische Erkrankungen (n=47), Mammakarzinom (n=10), andere Erkrankungen (n=14). Alle Patientinnen zeigten einen signifikanten Abfall der AMH-Konzentration innerhalb der ersten 4 Monate der CTX (p<0,05) sowie gemittelt über den gesamten Therapiezeitraum (p<0,001). 17 Patientinnen zeigten nach Beendigung der Therapie einen Anstieg der AMH-Konzentration, 18 zeigten keinen Anstieg. Durchschnittlich erreichten die Patientinnen 32,2% ihrer AMH-Konzentration von vor der Therapie. 15 Patientinnen hatten nach Beendigung der Therapie spontane Menses und erreichten im Mittel 59,1% ihrer AMH-Ausgangskonzentration. In 11 Fällen lag nach Therapieabschluss eine sek. Amenorrhoe vor, diese Patientinnen erreichten im Mittel lediglich 0,14% ihrer ursprünglichen AMH-Konzentration. 27 Fälle waren auf Grund einer Hormonbehandlung nicht interpretierbar. Schlussfolgerung: Anhand der Daten lässt sich ein Zusammenhang zwischen dem Wiedereinsetzen spontaner Menses und dem Anstieg der AMH-Konzentration herstellen. Unsere Daten lassen daran zweifeln, ob AMH tatsächlich die ovarielle Reserve oder lediglich den rekrutierten Follikelpool widerspiegelt. Wegen der fehlenden Kontrollgruppe kann jedoch keine Aussage darüber getroffen werden, ob für die oben angeführten Effekte die Ovarprotektion mittels GnRH-Analoga verantwortlich ist. Hierfür sind weitere kontrollierte Studien nötig.