Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72 - P26
DOI: 10.1055/s-0032-1313669

Vaginale Geburt bei kongenitaler Uterusanomalie am Beispiel einer Schwangerschaft mit Uterus didelphys

CS Göbl 1, H Helmer 1
  • 1Division of Obstetrics and Feto-Maternal Medicine, Department of Obstetrics and Gynaecology, Medical University of Vienna, Waehringer-Guertel 18–20, A-1090 Vienna

Einleitung: Kongenitale Anomalien des Uterus resultieren aus einer Anlagestörung des embryonalen Urogenitalsystems und zeigen eine Häufigkeit von 1–10% in der Gesamtbevölkerung. Dabei umfassen Schweregrad und Ausmaß der Erkrankung ein breites klinisches Spektrum. Beim Uterus didelphys handelt es sich um eine doppelte Anlage von Gebärmutter, Zervix und Vagina mit meist longitudinalem Vaginalseptum, die sowohl mit einem erhöhten Risiko für Aborte (bis zu 42%) als auch mit Komplikationen im Geburtsverlauf einhergeht. Fallpräsentation: Wir berichten über den Fall einer 29-jährigen Schwangeren, Gravida 1, Gestationsalter 33+3 Wochen, welche aufgrund vorzeitiger Wehen an die geburtshilfliche Abteilung der Medizinischen Universität Wien zutransferriert wird. Die bisherige Schwangerschaft verläuft komplikationslos, allerdings wird im Rahmen der Kontrolluntersuchungen durch den niedergelassenen Gynäkologen ein hochsitzendes Vaginalseptum beschrieben. Die weitere bildgebende Begutachtung bestätigt die Diagnose eines Uterus didelphys. Bei der hierorts durchgeführten vaginalen Untersuchung zeigt sich der Muttermund bei Erstbegutachtung bereits verstrichen, weshalb von einer Tokolyse bzw. Lungenreifung abgesehen werden muss. Ein Vaginalseptum ist im Rahmen der darauf folgenden Spiegeluntersuchug nicht mehr abgrenzbar. Im weiteren Verlauf kommt es zur vaginalen Lebendgeburt aus Schädellage. Abgesehen von einem Dammriss ersten Grades verlaufen Geburts- und Nachgeburtsperiode komplikationslos. Das neugeborene Mädchen (Gewicht: 1949g; Länge: 43cm; Apgar: 9/10/10; NA-ph: 7,29) wird aufgrund des frühen Gestationsalters an der neonatologischen Intensivstation aufgenommen. Eine gynäkologische Sonografie wird postpartal durchgeführt. Links, neben dem postpartalen Uterus (150×63mm) kann im Rahmen der Untersuchung eine weitere Uteruseinheit von 50×23mm abgegrenzt werden. Der postpartale Verlauf ist aus geburtshilflicher Sicht unauffällig. Schlussfolgerung: Der Fall demonstriert die Möglichkeit einer komplikationslosen vaginalen Geburt bei einer besonders ausgeprägten Form der kongenitalen Uterusanomalien. Im Falle von drohender Frühgeburt bei Uterus didelphys müssen in Zukunft Vor- und Nachteile einer Schnittgeburt besonders abgewogen werden.