Geburtshilfe Frauenheilkd 2012; 72 - P16
DOI: 10.1055/s-0032-1313659

Diagnoseverzögerung bei Endometriose – was sind die Ursachen?

G Hudelist 1, N Fritzer 2, A Thomas 2, C Niehues 3, P Oppelt 4, H Salzer 1
  • 1Wilhelminenspital der Stadt Wien, Endoskopie & Endometrioseambulanz, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe
  • 2Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, Institut für Psychologie
  • 3Median-Klinik am Burggraben, Bad Salzuflen, Gynäkologische Rehabilitation
  • 4Allgemeines Krankenhaus Linz, Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe; *equally contributed

Schlüsselwörter: Endometriose, Diagnoseverzögerung, Fehldiagnosen, Wahrnehmung

Fragestellung: Angloamerikanische Studien zur Diagnoseverzögerung bei Endometriose beschreiben ein mittleres Symptom – Diagnoseintervall von 8–12 Jahren. Da für den deutschsprachigen Raum diesbezüglich noch keinerlei Daten vorliegen, wurden Dauer und kausale Faktoren für die Diagnoseverzögerung bei Endometriosepatientinnen in Österreich, Deutschland und der Schweiz evaluiert. Methodik: Eingeschlossen wurden 149 Patientinnen mit einer histologisch verifizierten Endometriose. Unterschiedliche soziodemographische Daten, u.a. die Einstellung zur Menses, die Wahrnehmung der Symptome, Anzahl der Vortherapien, Arztkontakte und Diagnosen sowie den Umgang der Medizinerin/des Mediziners mit den Beschwerden wurden zum Diagnosezeitpunkt mitels selbst-generiertem Fragebogen erhoben. Ergebnisse: Zwischen dem erstmaligen Auftreten der Endometriose-assoziierten Symptome und dem ersten Arztbesuch vergingen im Durchschnitt 2,57 Jahre (SD: 3,64), bis zur endgültigen Diagnose 10,64 Jahre (SD: 7,99), wobei das Intervall Ansprechen der Beschwerden beim Gynäkologen/in – Diagnose 8,09 Jahren (SD: 6,96) beträgt. 76,5% aller Studienteilnehmerinnen erhielten eine oder mehrere Fehldiagnosen wie stressbedingter Unterbauchschmerzen (32,9%), Blutungsstörungen (27,5%), Reizdarmsyndrom (19,5%) und psychosexuelle Beschwerden (13,4%). Von Patientinnen mit Fehldiagnose wurden 15 (71,4%) gynäkologisch-klinisch untersucht. 19 (65%) transvaginal geschallt und 64 (79%) wurden klinisch untersucht sowie geschallt. 75,2% der Patientinnen nahmen aufgrund ihrer Endometriose-assoziierten Symptome Hormone ein, 66% aller Studienteilnehmerinnen konsumierten Analgetika für durchschnittlich 5,36 Jahre (SD: 7,02). 63,7% der interviewten Frauen beschrieben ihre Symptome als „völlig normal“ und auch vom Facharzt weniger als mittelmäßig ernst genommen (Symptome: 4,83 [SD: 3,56], Schmerzintensität: 4,81 [SD: 3,52]. Äußerte sich die Mutter während der Kindheit/Jugend negativ über die Menses, dauerte die Diagnosestellung im Schnitt 14,06 Jahre (SD: 6,90), bei einer positiven Einstellung 7,64 Jahre (SD: 6,91, p=0,0048). Schlussfolgerung:

Auch im mitteleuropäischen Raum beträgt das Symptom-Diagnoseintervall über 10 Jahre. Informationskampagnen im öffentlichen Raum und verbesserte Ausbildung von Fachärzten/-innen könnten zur Reduktion dieser beträchtlichen Zeitspanne beitragen.