Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2012; 9 - A179
DOI: 10.1055/s-0032-1313545

Bevölkerungsbezogenes, hormonrezeptorspezifisches Risiko von malignen Zweittumoren der weiblichen Brust in Deutschland

K Wolf 1, C Rusner 1, U Bandemer-Greulich 2, B Holleczek 3, G Schubert-Fritschle 4, A Stang 1
  • 1Institut für Klinische Epidemiologie, Medizinische Fakultät, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle (Saale), Deutschland
  • 2Tumorzentrum Land Brandenburg e.V., Frankfurt (Oder), Deutschland
  • 3Epidemiologisches Krebsregister Saarland, Saarbrücken, Deutschland
  • 4Klinik Großhadern/IBE, Ludwig-Maximilians-Universität München, Tumorregister München, München, Deutschland

Zielsetzung:

Der Hormonrezeptor(HR-)status bei Brustkrebs stellt einen entscheidenden Indikator für eine gezielte Therapie dar und ist auch für die Prognose bedeutsam. Zwei kürzlich veröffentlichte, internationale bevölkerungsbezogene Studien zeigten ein erhöhtes Risiko für kontralaterale, HR- negative Tumoren der Mamma nach HR- negativem, primären invasiven Brustkrebs. Ziel dieser Arbeit war es, diese Beobachtung in Deutschland näher zu untersuchen.

Material und Methoden:

Unsere hormonrezeptorspezifische Auswertung für invasiven Brustkrebs (ICD-10: C50) und Carcinoma in situ (CIS) der Brust (ICD-10: D05) im Zeitraum 1998–2007 basiert auf bevölkerungsbezogenen Daten des Tumorzentrums Land Brandenburg, Tumorregisters München und Epidemiologischen Krebsregisters Saarland von insgesamt 54,055 Frauen. Für die Risikoanalyse von ipsilateralen sowie kontralateralen invasiven, primären Zweittumoren der Brust nach CIS wurden die regionalen Daten der D05- Fälle gepoolt. Wir berechneten standardisierte Inzidenzraten (SIRs) sowie 95% Konfidenzintervalle (95% CIs).

Ergebnisse:

Unsere registerspezifischen Analysen ergaben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten eines zweiten -speziell HR- negativen -invasiven Primärtumors der Mamma bei Frauen mit HR- negativem primären invasiven Brustkrebs (München: SIR=11,3, 95% CI=7,6–16,2; Saarland: SIR=7,9, 95% CI=4,1–13,9; Brandenburg: SIR=7,0, 95% CI=4,8–10,0).

Hingegen war für Frauen mit HR- positivem invasiven Ersttumor der Brust ein erniedrigtes Risiko für die Entwicklung eines malignen Zweittumors in zwei Registern zu verzeichnen (München: SIR=0,8, 95% CI=0,6–0,9; Saarland: SIR=0,3, 95% CI=0,2–0,5; Brandenburg: SIR=1,0, 95% CI=0,8–1,2).

Bei Frauen mit der Diagnose CIS zeigte sich sowohl für die ipsilaterale als auch kontralaterale Brust ein erhöhtes Risiko, einen invasiven Brustkrebs zu entwickeln (SIR=2,5, 95% CI=1,9–3,3).

Zusammenfassung:

Das Zweittumor- Risiko nach invasivem Brustkrebs ist vom Hormonrezeptorstatus abhängig. Dieser Zusammenhang könnte auf hormonrezeptorspezifische Unterschiede hinsichtlich der Ätiologie, Therapiefolgen und Prognose zurückzuführen sein.