Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2012; 9 - A55
DOI: 10.1055/s-0032-1313421

ACOSOG Z0011 im klinischen Alltag: „practice changing trial“ oder ein zu gewagter Ansatz mit der Gefahr der Untertherapie?

U Güth 1, WP Weber 2, SM Schmid 3
  • 1Universitätsspital Basel, Basel, Schweiz
  • 2Universitätsspital Basel, Chirurgie, Basel, Schweiz
  • 3Spital Grabs, Frauenklinik, Grabs, Schweiz

Zielsetzung: Indem die ACOSOG Z0011-Studie (Z0011) zeigte, dass bei einer bestimmten Gruppe von Mammakarzinompatientinnen bei 1–2 positiven Sentinellymphknoten (SLK) auf eine axilläre Lymphonodektomie (ALND) verzichtet werden kann, stellt sie traditionelle Vorstellungen der operativen Mammakarzinomtherapie in Frage. Die Studie prüft die Übertragbarkeit der US-Studie auf eine Schweizer Kohorte und prüft die zwei international verbreiteten Thesen zu Z0011:

  • Die Anwendung dieser prospektiv-randomisierten Studie führt zu einer relevanten Änderung der klinischen Praxis („practice changing trial“).

  • Z0011 muss kritisch gesehen werden; eine Anwendung ihrer Schlussfolgerungen in der Praxis birgt die Gefahr einer operativen Unterbehandlung für eine relevante Subgruppe von Patientinnen.

Material und Methoden: Evaluiert wurden alle zwischen 2003 und 2009 an der Universitäts-Frauenklinik Basel wegen invasiven Mammakarzinomen durchgeführten SLK-Biopsien (n=389).

Ergebnisse: Verglichen mit dem ALND-Therapiearm von Z0011, zeigten unsere Pat. signifikant seltener eine ausgedehnte Lymphknoten-Metastasierung (≥3 LK: 8,5% vs. 21,0%, p=0,048). 35 Patientinnen (9,0% der SLK-Biopsien), wiesen die Einschlusskriterien von Z0011 auf und hatten Makrometastasen in 1–2 SLK. Wenn die Empfehlungen von Z0011 angewendet worden wären, wären in maximal zwei Fällen (0,5% aller SLK-Biopsien) eine grössere Anzahl an positiven LK verpasst worden.

Zusammenfassung: Die Anwendung des Z0011-Studienprotokolls hätte in unserer Kohorte in <10% aller SLK-Biopsien zu einer Änderung des Procederes, d.h. die Nichtdurchführung einer ALND, geführt. Die Anzahl betroffener Patientinnen ist so gering, dass die Bezeichnung „practice changing trial“ für Z0011 nicht gerechtfertigt erscheint. Auf der anderen Seite dürften Kritiker der Studie ihre möglichen Gefahren deutlich überschätzen. Eine sorgfältige präoperative Abklärung der Axilla vorausgesetzt, ist die Anzahl der Patientinnen, die Gefahr laufen, suboptimal behandelt zu werden, minimal.