Dialyse aktuell 2012; 16(04): 215
DOI: 10.1055/s-0032-1313303
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

StArleit-Studie – Studie zur Arbeitssituation leitender nephrologischer Fachpflegekräfte

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Publication Date:
02 May 2012 (online)

 

Quelle: StArleit-Studie des Fachverbands nephrologischer Berufsgruppen e. V. (fnb), durchgeführt von Michael Baur, Berghülen (noch nicht publiziert)

Thema: Nephrologische Pflegeteams und ihre leitenden Pflegekräfte stehen im Spannungsfeld zwischen Personalmangel, Qualitätsanforderungen und einer steigenden Anzahl multimorbider Patienten. Zur Entwicklung geeigneter Strategien, um die Arbeitskraft leitender Pflegekräfte zu erhalten, benötigt man Informationen zu Arbeitssituation, Motivation und Ressourceneinsatz dieser Gruppe.

Projekt: Deshalb wurde die StArleit-Studie von Michael Baur, Berghülen, und dem Fachverband nephrologischer Berufsgruppen e. V. (fnb) konzipiert und zwischen Juni und September 2011 als schriftliche Befragung durchgeführt. Rund 1200 leitende Dialysepflegekräfte in Deutschland erhielten einen Fragebogen mit 14 Fragen. Zusätzlich wurde nach den Erwartungen der Teilnehmer an ihren Berufsverband gefragt.

Ergebnisse: Von insgesamt 151 zurückgesandten Fragebögen waren 138 auswertbar. 86 % der Teilnehmer sind über 40 Jahre alt (43 % über 50 Jahre). Die überwiegende Zahl der Befragten (64 %) arbeitet in Zentren mit weniger als 100 Dialysepatienten, 36 % in größeren Zentren. Das Dienstalter lag bei 53 % der Befragten bei über 20 Jahren, bei 36 % zwischen 10 und 15 Jahren. 59 % der Teilnehmer haben mehr als 10 Jahre Leitungserfahrung.

Nach eigener Angabe wurde die Mehrheit der Befragten ohne Bewerbung zur Führungskraft ernannt. Bei 48 % aller Ernennungen waren die besonderen Leistungen und Fähigkeiten als Pflegekraft für den Aufstieg in die Leitungsposition entscheidend, bei 26 % die Berufserfahrung. Weiteren 26 % der Befragten waren die Gründe unbekannt oder unklar. Offensichtlich existiert in vielen Zentren kein klares Anforderungsprofil für diese Positionen. Darüber hinaus werden anscheinend die meisten Ernennungen ohne formelle Bewerbung vorgenommen.

In puncto Identifikation mit der Leitungsaufgabe und Rollenverständnis scheint in den Dialysen alles im grünen Bereich zu sein. Knapp 75% der Befragten gaben an, mit ihrer Doppelrolle als Führungs- und Pflegekraft gut zurechtkommen, und über 80 % empfinden die "Sandwichposition" zwischen Personal und ärztlicher Leitung als gut handhabbar.

Auch die Anerkennung der eigenen Arbeit schätzen 3 Viertel der Befragten als zufriedenstellend ein. So äußern sich rund 43 % der Befragten sehr zufrieden mit der Anerkennung seitens der Ärzte, 32 % sind mehr oder weniger zufrieden. Ähnlich positiv fällt die Wahrnehmung der Anerkennung durch die Kollegen aus. Gut 2 Drittel der Teilnehmer würden sich auf jeden Fall nochmals für eine Leitungsaufgabe entscheiden, 14 % sind hier im Zweifel, 18 % würden die Aufgabe nicht wieder übernehmen.

Als anstrengendstes berufliches Thema wird von über der Hälfte der Befragten die Mitarbeiterführung bezeichnet. Damit rangiert dieser Bereich weit vor Themen wie Administration oder Patienten. Als Quelle für großen Ärger wurde meist die Zentrumsleitung genannt. Auch das Pflegeteam verursacht starke Missstimmung bei den leitenden Pflegekräften, jedoch wird es ebenso prominent als Ursache für besondere Freude angeführt.

Nicht überraschend ist die Bewertung des Zeitbudgets. Rund die Hälfte der Befragten geben an, nicht genügend Zeit zur Erledigung ihrer Aufgaben zu haben. Ein Drittel kommt mehr oder weniger gut mit der verfügbaren Zeit aus. Nur 20 % be-urteilen ihr Zeitbudget als ausreichend.

Hilfe wünscht sich der überwiegende Teil der Studienteilnehmer vor allem bei Führungsthemen. Die überwiegende Zahl der Unterstützungswünsche betrifft die Punkte Konfliktmanagement, Kritikgespräche, Motivation, Delegation, Organisation und Zeitmanagement. Es scheint eine vorrangige Notwendigkeit zu sein, diesen Bedarf zu decken, um den Pflegeapparat handlungsfähig zu halten.

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(Bild: Jupiterimages, CD248)

Fazit: Die Umfrageergebnisse zeigen, dass leitende Dialysepflegekräfte sich zwar stark mit ihrer Tätigkeit identifizieren, jedoch speziell in den Bereichen Kommunikation und Führungsarbeit einen hohen Unterstützungsbedarf sehen. Darüber hinaus wird ein Defizit an Klarheit und Kommunikationsfähigkeit der ärztlichen Leitungen wahrgenommen. Auch die adäquate zeitliche Ausstattung von Führungspositionen in der Dialysepflege ist ein brennendes Thema. Die meisten dieser Defizite lassen sich nach Einschätzung des Verfassers durch Unterstützung und Begleitung leitender Pflegekräfte in den Feldern Kommunikation, Führung und Selbstmanagement bearbeiten. Es scheint unerlässlich, hier seitens der Dialysebetreiber mehr Zeit und Geld zu investieren, da sonst das hohe Qualitätsniveau in der Pflege langfristig nicht gehalten werden kann.

Die Berufsverbände sollten sich nach Ansicht der meisten Teilnehmer für bessere Entgelte einsetzen, dicht gefolgt vom Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen. Erst am Schluss der Wichtigkeitsskala finden sich Themen wie die Verbesserung von Behandlungsstandards und Austausch mit Partnerorganisationen. Nach der Meinung der meisten Befragten sollten sich die nephrologischen Berufsverbände also weiterhin stark politisch engagieren, um eine adäquate soziale und materielle Anerkennung von Pflegekräften voranzutreiben.

Schlüsselwörter: StArleit-Studie – Arbeitssituation – leitende nephrologische Pflegekräfte – Entgelt – Kommunikation – Führungsarbeit

Michael Baur, Berghülen