Pädiatrie up2date 2012; 07(03): 219
DOI: 10.1055/s-0032-1310288
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Retinale Gefäße bereits bei adipösen Kindern verändert

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Publikationsdatum:
28. August 2012 (online)

Bei Erwachsenen haben sich Arteriolenverengung und Venendilatation sowie ein reduziertes Arterien/Venen-Verhältnis (AVR) als Risikofaktoren für Bluthochdruck, Schlaganfall und kardiovaskuläre Mortalität erwiesen. Darüber hinaus scheint die Verengung der retinalen Arteriolen mit einem erhöhten Risiko für einen Typ-2-Diabetes einherzugehen. Als unabhängiger Faktor für eine pathologische Dilatation der Venen gilt Adipositas. Die Auswirkungen der Fettleibigkeit auf kleine kranielle Gefäße zu untersuchen, ist gut möglich anhand der retinalen Mikrozirkulation. Sie ist bereits in den Anfängen einer Arteriosklerose betroffen. Ob und wie sich Adipositas und ein Mangel an Bewegung bereits auf die retinalen Gefäße von Kindern auswirken, haben Mediziner des Klinikums rechts der Isar, TU München, untersucht.

Henner Hanssen und Kollegen nahmen 578 Schulkinder im Alter zwischen 10 und 13 Jahren in ihre Studie auf. Sie fotografierten ihren Augenhintergrund, erhoben die anthropometrischen Daten, ließen Fragebögen zur körperlichen Aktivität ausfüllen und nahmen Blut ab für die metabolischen Risikofaktoren. Sie teilten die Kinder in 3 Vergleichsgruppen ein: normalgewichtig, übergewichtig und adipös. Von den Kindern waren 22 % übergewichtig oder adipös. Adipöse Kinder hatten im Vergleich zu den Normalgewichtigen einen höheren durchschnittlichen systolischen Blutdruck (124 vs. 119 mm Hg; p = 0,002). Der HDL-Spiegel nahm gegenüber den Normalgewichtigen bereits bei den Übergewichtigen ab (67,2 vs. 60,5 vs. 55,5 mg / dL; p0,001), und die Triglyceride im Serum nahmen deutlich zu (75,3 vs. 84,2 vs. 128,8 mg / dL). Übergewichtige Kinder hatten einen 3-mal höheren Wert des Entzündungsparameters C-reaktives Protein (hsCRP) als Normalgewichtige, bei Adipösen war der Wert 5-mal höher (0,03 vs. 0,09 vs. 0,17 mg / dL).

Die retinalen Venendurchmesser waren bei den adipösen Kindern gegenüber den normalgewichtigen vergrößert 241 vs. 235 µm (p = 0,03). Schon bei den Übergewichtigen fanden die Ärzte ein signifikant geringeres AV-Verhältnis der retinalen Gefäße: 0,89 vs. 0,87 vs. 0,85 (p = 0,03 für normal- vs. übergewichtig und p0,001 für normalgew. vs. adipös). Größere Venendurchmesser waren unabhängig assoziiert mit einem höheren BMI und höheren hsCRP-Werten. Ein höherer Blutdruck war mit einer stärkeren Vasokonstriktion der retinalen Gefäße assoziiert.

Physische Aktivität und BMI standen schon bei Schulkindern im Alter von 10 – 13 Jahren in direktem Zusammenhang mit dem AV-Verhältnis der retinalen Gefäße. Die Autoren halten die Vermessung der retinalen Gefäße zusammen mit metabolischen Faktoren und der Körperkomposition für eine gute Methode, um Kinder mit einem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen im Erwachsenenalter zu identifizieren.

Anna Hecker, Stuttgart