Pädiatrie up2date 2012; 07(02): 102-103
DOI: 10.1055/s-0032-1309997
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verstärktes Amygdala-Wachstum bei autistischen Kindern schon früh zu beobachten

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Publication Date:
22 June 2012 (online)

Verschiedene Studien zeigten eine vergrößerte Amygdala bei autistischen Kindern. Unklar ist allerdings, in welchem Alter das abnormale Wachstum der Amygdala einsetzt und welchen Verlauf es während der Zeitspanne zwischen früher und mittlerer Kindheit nimmt. C. Wu Nordahl et al. haben bei sehr kleinen Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) die Wachstumsraten der Amygdala untersucht und diese ins Verhältnis zur Zunahme des Gesamthirnvolumens gesetzt.

Die Studienteilnehmer wurden im Rahmen des Autism Phenome Project durch das MIND-Institut der Universität Kalifornien rekrutiert. Zu Beginn wurden MRT-Aufnahmen (MRT: Magnetresonanztomografie) von 132 Jungen (85 mit ASD, 47 Kontrollpersonen) im Alter zwischen

2 und 4 Jahren gewonnen. Erneute MRT-Scans wurden ein Jahr später bei 70 Jungen (45 mit ASD, 25 Kontrollpersonen) gemacht. Hauptzielparameter waren die Volumina der Amygdala und das Gesamtgehirnvolumen, ermittelt zu beiden Zeitpunkten. Zudem bestimmten die Autoren die einjährigen Wachstumsraten.

Das Durchschnittsalter der Probanden betrug 36,9 Monate zum Zeitpunkt 1 und 49,8 Monate zum Zeitpunkt 2. Zu beiden Zeitpunkten war die Amygdala bei ASD-Kindern größer als bei den Kontrollen – und zwar mit einem größeren Ausmaß an Volumenzunahme zum Zeitpunkt 2. Zeigten beide Gruppen zum Zeitpunkt 1 einen Volumenunterschied von etwa 6 %, so stieg dieser zum Zeitpunkt 2 auf etwa 9 % an. Das Gesamtgehirnvolumen war bei den Kindern mit ASD zu beiden Zeitpunkten deutlich erhöht, das Ausmaß der Volumenvergrößerung unterschied sich in beiden Fällen nicht (jeweils etwa 4 %).

Die Autoren stellten bei ASD-Kindern im Vergleich zu Kindern der Kontrollgruppe während des einjährigen Intervalls eine höhere Amygdala-Wachstumsrate fest. Die Wachstumsraten des Gesamtgehirnvolumens unterschieden sich bei beiden Gruppen jedoch nicht. Innerhalb der ASD-Gruppe ließen sich 3 Muster des Gehirnwachstums differenzieren:

  • rasches Amygdala-Wachstum, normales Wachstum des Gesamtgehirnvolumens

  • langsames Amygdala-Wachstum, rasches Wachstum des Gesamtgehirnvolumens

  • jeweils normale Raten an Amygdala- und Gesamtgehirnvolumen-Wachstum

Fazit

Die Studienergebnisse erbringen einen erneuten Beweis dafür, dass sowohl die Amygdala als auch das Gesamtgehirnvolumen bei Kindern mit Autismus-

Spektrum-Störungen vergrößert sind.

Die überproportionalen Volumina der Amygdala sowie des Gehirns sind bereits im Alter von 37 Monaten festzustellen, so die Autoren.

Dr. Frank Lichert, Weilburg


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