Z Geburtshilfe Neonatol 2012; 216 - P56
DOI: 10.1055/s-0032-1309148

Vorhersagewert einer standardisierten präpartalen Gerinnungsanamnese für den peripartalen Blutverlust

S Dostert 1, A Koch 1, I Christ 1, A Merz 1, B Seelbach-Göbel 1
  • 1Klinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde der Universität Regensburg, St. Hedwig, Regensburg

Zielsetzung: Die schwere peripartale Blutung steht an erster Stelle der mütterlichen Mortalität und Morbidität. Ein Blutverlust über 1000ml findet sich bei 0,5–5% aller Geburten. Die geburtshilflichen Ursachen der peripartalen Blutung sind hinreichend bekannt.

Eine Hämostasestörung kann eine peripartale Blutung entscheidend verstärken. Oft sind diese bei Schwangeren nicht bekannt. Wie einige Untersuchungen zum präoperativen Hämostasescreening zeigen, sind die etablierten Tests (aPTT,Quick) nicht aussagekräftig, d.h. ein Blutungsrisiko ist dadurch nicht identifizierbar. Wir wollten überprüfen, ob ein standardisierter Fragebogen zur Blutungsanamnese ein erhöhtes Blutungsrisiko voraussagen kann.

Material und Methoden: Wir entwickelten einen standardisierten Fragebogen.

Im Erhebungszeitraum wurde der Fragebogen von 708 Schwangeren (von 3740 insgesamt) ausgefüllt. Nach Anzahl der positiv beantworteten Fragen (keine,1–2,>2) wurden Risikokollektive bestimmt (kein, leichtes, hohes Risiko). Bei jeder Schwangeren wurden aPTT,Quick und TZ bestimmt. Bei 243 Frauen wurde zusätzlich ein PFA-100 Test durchgeführt. Prä- und postpartal erfolgte die Hb-Bestimmung. Aus diesen wurde ein Delta Hb bestimmt.

Ergebnisse: Die Aufteilung der Risikogruppen, die anhand des Fragebogens ermittelt wurden, ist wie folgt: 28,33% kein, 51,5% leichtes, 20,17% hohes Risiko.

Vom Gesamtkollektiv hatten 88,3% einen Blutverlust <500ml, 10,3% <1000ml und 1,4% >1000ml. Aus der Gruppe ohne anamnestisch erhöhtes Blutungsrisiko hatte keine Patientin einen Blutverlust über 1000ml, bei der mit leicht erhöhtem Risiko sind es 1,4%, bei der Hochrisikogruppe 2,8%. Diese unterschiedliche Verteilung ist statistisch signifikant mit p=0,009. In der Gruppe mit keinem oder leichtem Risiko haben 6,2 bzw. 7,9% der Patientinnen einen Hb-Wert <8g/dl postpartal, in der Hochrisikogruppe sind es 17,2%.

Das Delta Hb liegt im Hochrisikokollektiv mit 2,11g/dl mit p=0,002 signifikant höher als in den anderen Gruppen (1,46; 1,66). Quick und PTT waren bei 0,15% der Schwangeren verändert. Es zeigte sich keine Korrelation zur Blutungsanamnese und zur peripartalen Blutung. Der PFA-100 Wert war bei 28,6% der Patientinnen mit anamnestisch hohem Blutungsrisiko erhöht, im Gegensatz zu 12% im Normalkollektiv und 16,4% im mittleren Risikokollektiv.

Diskussion: Eine standardisierte Blutungsananmnese lässt eine Einschätzung des peripartalen Blutungsrisiko zu. Die standardisierten Blutungstests sind wenig hilfreich