Z Geburtshilfe Neonatol 2012; 216 - P55
DOI: 10.1055/s-0032-1309147

Schwere Agranulozytose nach Imipenem/Cilastation-Therapie in der Schwangerschaft

E Haberer 1, K Heidner 1, D Macchiella 1, H Koelbl 1, A Puhl 1
  • 1Universitätsmedizin Mainz, Frauenklinik

Zielsetzung:

Fallbeschreibung einer schweren Neutropenie in der Schwangerschaft unter Imipenem/Cilastatin-Therapie

Case Report:

Erstvorstellung einer 38-j IIIG/IP in der 24+5 Schwangerschaftswoche mit vorzeitigem Blasensprung des nach auswärtiger Laserung eines feto-fetalen Transfusions-Syndroms verstorbenen Donors bei lebendem Akzeptor. Bei Geburtsbestrebungen Beginn einer Tokolyse mit Fenoterol, Lungenreife mit Betamethason sowie Antibiose mit Clarithromycin bei bekannter Penicillin-Allergie. Bei ebenfalls unter Clarithromycin beginnender allergischer Reaktion Antibiogramm-gerechte Umstellung der Antibiose auf Imipenem/Cilastatin (®Zienam). Darunter problemlose Prolongation der Schwangerschaft ohne Wehentätigkeit möglich. Bei nach vorzeitigem Blasensprung regelmäßig durchgeführten Laborkontrollen des Blutbildes und der Entzündungsparameter fällt nach 24 Tagen bei der Patientin eine akut einsetzende Agranulozytose mit Leukozytenwerten minimal 1,01/nl auf. Nach Umstellung der Antibiose auf ein Cephalosporin sowie 2tägiger GCSF-Applikation (®Neupogen, 2×30 I.E.) erholen sich die Leukozyten auf 5,74/nl. Darunter kann die Schwangerschaft bis 37+1 SSW ohne weitere Komplikationen verlängert werden. Aus Sicherheitsgründen wird die Patientin per Kaiserschnitt von einem 2220g schweren gesunden Kind entbunden (pH 7,32; APGAR 8/8/9).

Diskussion:

Die medikamentös-toxische Agranulozytose unter Imipenem/Cilastatin ist ein extrem seltenes Ereignis und bisher in der Literatur in einer Schwangerschaft nicht beschrieben; im Gegenteil: im Normalfall wird dieses Medikament als first-line Antibiotikum zum Schutz unter febriler Neutropenie oder bei immunsupprimierten Patienten regelhaft verwendet. In der vorliegenden Situation wirkt der Umstand des vorzeitigen Blasensprunges mit dem Risiko des aufsteigenden Amnioninfektes prekär, weil damit eine schwere mütterliche Sepsis iatrogen medikamentös ausgelöst werden könnte. Der Fall zeigt aber auch, dass in dieser Situation nicht notwendigerweise die Entbindung angestrebt werden muss, sondern unter sofortigem Umstellen der Medikation und Stimulation der Granulozyten eine adäquate Immunsituation wieder hergestellt werden kann und so eine Vermeidung der extremen Frühgeburtlichkeit des Kindes möglich ist.