Z Geburtshilfe Neonatol 2012; 216 - P45
DOI: 10.1055/s-0032-1309137

Antidepressive Therapie mit Mirtazapin in der Frühschwangerschaft – eine prospektive Followup-Studie

WE Paulus 1
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Oberschwabenklinik, KH St. Elisabeth (Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm), Ravensburg

Zielsetzung: Zwischen 7% und 23% aller Schwangeren sollen nach epidemiologischen Erhebungen von Depressionen betroffen sein. Angesichts eines erhöhten Risikos für Schwangerschaftskomplikationen bei insuffizient behandelter Depression der Mutter kommt einer adäquaten Pharmakotherapie in der Schwangerschaft große Bedeutung zu. Das tetrazyklische Antidepressivum Mirtazapin erfreut sich aufgrund seines günstigen Nebenwirkungsprofiles grundsätzlich großer Beliebtheit, wird jedoch wegen begrenzter Erfahrungen in der Schwangerschaft oft abgesetzt.

Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1998 und 2011 136 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Mirtazapin in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden unter Einsatz des Fisher's Exact Testes mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=439) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.

Resultate: Die Spontanabortrate nach Einnahme von Mirtazapin unterschied sich mit 14,2% (17/120) nicht signifikant vom Kontrollkollektiv mit 11,3% (48/426). Kongenitale Anomalien fielen nach Medikation mit Mirtazapin (4/103=3,9%) nicht signifikant häufiger auf als im Kontrollkollektiv (13/378=3,4%, p=0,77; relatives Risiko 1,13; 95%-Konfidenzintervall 0,31–3,61). Folgende Komplikationen traten bei vier Neugeborenen auf: Vorhofseptumdefekt, Muskelhypertonie, Naevus flammeus, Hydronephrose + Megaureter. Allerdings lag die Rate der Schwangerschaftsabbrüche ohne Anhalt für embryonale Anomalien nach Therapie mit Mirtazapin im I. Trimenon (16/136=11,8%) signifikant (p<0,001) über dem Anteil in der Kontrollgruppe (13/439=3,0%).

Diskussion: Unsere prospektive, kontrollierte Followup-Studie konnte kein teratogenes Potential von Mirtazapin nachweisen. Allerdings sollten weitere reproduktionstoxikologische Daten gesammelt werden, um Patientinnen im fertilen Alter unter antidepressiver Medikation mit Mirtazapin beruhigen zu können.