Handchir Mikrochir Plast Chir 2012; 44 - A11
DOI: 10.1055/s-0032-1308834

Die Mammareduktion bei Jugendlichen – Parameter zur Indikationsstellung

J Bruck 1, I Mertz 2
  • 1Hohenzollernklinik, Berlin, Deutschland
  • 2Martin-Luther-Krankenhaus, Abteilung für Plastische Chirurgie, Berlin, Deutschland

Auch wenn rein ästhetische Operationen bei Jugendlichen sehr viel seltener nachgefragt werden als dies die Medien glaubhaft machen wollen, stellt die Mammareduktionsplastik bei nicht volljährigen Patienten die zweithäufigste Indikation nach der Ohrkorrektur dar. Ein sehr inhomogenes Klientel, bei dem der Einfluss familiären Druckes nicht ausgeschlossen werden kann, zwingt dazu, nach Parameter zur Indikationsstellung auch außerhalb üblicher Grenzen zu suchen.

Die Rechtssituation ist unscharf:

Minderjährige Jugendliche können einerseits keine rechtswirksamen Verträge wie z.B. einen Behandlungsvertrag schließen, andererseits wird ihnen durch die Rechtssprechung ein Mitspracherecht – außer für Notfälle – für die Indikationsstellung einer Operation gegeben. Die Entscheidungsbefugnis für einen rechtswirksamen Behandlungsvertrag liegt bei den Eltern, während den Minderjährigen lediglich ein Vetorecht (außer für Noteingriffe) eingeräumt wird.

Das Sozialgesetzbuch räumt hingegen Jugendlichen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversorgung das Recht ein, Sachleistungen, hier ärztliche Behandlungen, selbständig zu beziehen.

Auch die Aufklärung von minderjährigen Patienten ist rechtlich unscharf und ohne Rechtsnorm oder Rechtssprechung, die einen verlässlichen Leitfaden zur Aufklärung jugendlicher Minderjähriger leisten könnte. Aus den Urteilen des BGH geht lediglich hervor, dass Minderjährige über eine „ausreichende“ Urteilsfähigkeit verfügen müssen und eine dem Eingriff entsprechende „geistigen Entwicklung und allgemeine Reife“ des Minderjährigen vorliegen muss.

Es erscheint daher zwingend wichtig, alle möglichen Beteiligten aufzuklären, wobei dies neben den Eltern, ein möglicher Freund, aber vor allem der Hausarzt bzw. der einweisende Frauenarzt sein sollte. Wie bei ästhetischen Operationen muss auch bei diesem – elektiven – Eingriff die Definition der Erwartung des Jugendlichen, aber auch die seines Umfeldes evaluiert werden.

Es hat sich bewährt, die Indikationsstellung in maximaler Breite mit einer möglichst langen Wartezeit zu verbinden und zu prüfen, ob die Jugendliche Verständnis für Narben, Schmerzen, Nachkorrekturen und vor allem auch ein unsicheres Spätergebnis zeigen kann. Besondere Vorsicht ist bei Selbstzahlern an den Tag zu legen, die auch wirtschaftlichen Druck aufbauen können. In der persönlichen Erfahrung ist die Empfehlung von Psychologen mit äußerster Vorsicht zu bewerten. Im Rahmen der Aufklärung sollten die Grenzen der subjektiven Belastbarkeit der Jugendlichen, die Größenentwicklung der Brüste, aber auch die mögliche Entwicklung des eigenen BMI über die nächsten 15 Jahre erörtert werden,.

Entscheidungshilfen können die Kriterien zur Kostenübernahme der GKV, die Einsicht evtl. sogar Interesse für mögliche Komplikationen, Narben, zu erzielende Körbchengrößen sein. Hilfreich sind eine gute familiäre Verankerung und die Empfehlung des Haus- bzw Frauenarztes.

In der Zusammenfassung lohnt es sich, die Indikationsstellung zu einer Mammareduktionsplastik bei Jugendlichen auf eine möglichst breite Basis mit Familienangehörigen, Freunden und den Hausärzten zu stellen und aus der eigenen Erfahrung die Belastbarkeit der Jugendlichen zu evaluieren.