Gesundheitswesen 2012; 74 - V43
DOI: 10.1055/s-0032-1307307

Steuerung gegen Teuerung: Effektivität und Effizienz von Steuerungsgremien Psychiatrie (SGP) in Berlin

DE Gagel 1, A Berg 1
  • 1Bezirksamt Pankow, Berlin

Leistungen der Eingliederungshilfe nach §§53/54 SGB XII für seelisch behinderte Menschen werden im Land Berlin unter Einbeziehung der „Steuerungsgremien Psychiatrie“ (SGP) bezirklich vergeben und gesteuert. Dabei werden in den SGP der aktuelle Hilfebedarf der Betroffenen festgestellt und bedarfsgerechte Maßnahmen vorgeschlagen. In den Ausführungsvorschriften zur Eingliederungshilfe (AV EH) von 2007 sind Aufgaben, Arbeitsweise und Zuständigkeit der SGP grundlegend beschrieben. I.d.R. setzen sie sich aus Psychiatriekoordinatorinnen, Leistungserbringern, Leistungsträger, psychiatrischen Kliniken, Sozialpsychiatrischen Diensten (SpDs) sowie den Hilfesuchenden selbst zusammen. Folgende Aufgaben werden von den SGP wahrgenommen: Beratung von Betroffenen und deren Umfeld, Empfehlungen zum ermittelten Hilfebedarf, Leistungstyp und der Hilfebedarfseingruppierung, Vermittlung in Angebote/Einrichtungen, Steuerung der Belegung und Kontrolle der Ressourcennutzung.

2010 wurden die SGP vor dem Hintergrund gestiegener Fallzahlen hinsichtlich Bedarfsgerechtigkeit, Qualität sowie Wirtschaftlichkeit untersucht (1). Die Mehrzahl der Steuerungsgremien (58%) findet zweimal im Monat, 33% monatlich statt. Alle zwölf SGP diskutieren Erstanträge und geben fachliche Empfehlungen zu verschiedenen Eingliederungsmaßnahmen, wobei diese durch Mehrheitsentscheidungen getroffen werden. In (fast) allen SGP werden in den Sitzungen regelhaft neben persönlichen Angaben die Ziele und Wünsche der Betroffenen sowie Aussagen zum Krankheitserleben, zu Beeinträchtigungen und Ressourcen und daraus abgeleiteten Hilfebedarfen dargestellt. 75% der SGP entscheiden bei Wechsel von Träger oder Maßnahmen. Lediglich drei SGP behandeln regelhaft Verlängerungsanträge. Der überwiegende Anteil der Fälle wird von den SpDs, den Kliniken oder Leistungserbringern vorgestellt. Vorteile sind die gestiegene Verbindlichkeit der SGP und deren fachliche Empfehlungen sowie die Einbeziehung aller beteiligten Akteure und eine höhere Transparenz. Nachteilig kann eine geringere Flexibilität sein.

Perspektiven: Entwicklung von Regelungen für die Vermittlung zwischen den Bezirken und Konkretisierung eines „Entlassungsmanagements“ aus dem Hilfesystem.

(1) FOGS: Abschlussbericht „Evaluation der Steuerungsstrukturen in der psychiatrischen Versorgung“, Köln 2011