Gesundheitswesen 2012; 74 - V26
DOI: 10.1055/s-0032-1307290

Die EHEC-Krise 2011 aus Sicht des öffentlichen Gesundheitsdienstes

M Pulz 1, K Beyrer 1, J Dreesman 1, F Stümpel 2
  • 1Niedersächsisches Landesgesundheitsamt, Hannover
  • 2Gesundheitsamt, Landkreis Rotenburg

Im Frühsommer 2011 kam es insbesondere in Norddeutschland zu einem Ausbruchsgeschehen durch enterohämorrhagische Escherichia coli (EHEC) des Serotyps O104:H. In Niedersachsen traten in der Gesamtschau 141 HUS- und 714 EHEC-Fälle auf, 15 Patienten verstarben.

Dieser EHEC/HUS-Ausbruch stellte für die Gesundheitsbehörden auf kommunaler, Landes- und Bundesebene eine krisenhafte infektiologische Herausforderung dar. Ein wichtiger Baustein für die rückblickend rasche Aufklärung der Infektionsquelle war dabei in Niedersachsen die mit hoher Kompetenz durchgeführte Ermittlungstätigkeit der kommunalen Gesundheitsbehörden in Abstimmung mit den Lebensmittelbehörden vor Ort, durch die ganz entscheidende Basisinformationen für gezielte Nachforschungen gewonnen werden konnten. Als besonders effektiv erwies sich auch die enge Zusammenarbeit der beiden Landesbehörden NLGA (Niedersächsisches Landesgesundheitsamt) und LAVES (Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit) und die ständige gegenseitige Bereitstellung der erhobenen Daten. Die Rückverfolgung der Vertriebswege von Lebensmitteln, die insbesondere in Zusammenhang mit Krankheitshäufungen ermittelt werden konnten, führte schließlich zu einem Sprossenerzeugerbetrieb in Niedersachsen und bildete dadurch den Grundstein für die Identifizierung von Sprossen als Ursache des Ausbruchs. Obwohl der Aufbau eines elektronischen Meldesystems für Ärzte und Labore zu begrüßen ist, haben Meldeverzüge die Aufklärung des EHEC-Geschehens nur unwesentlich beeinträchtigt.

Die EHEC-Krise hat deutlich gezeigt, dass für die Aufklärung und Bewältigung derartiger Ausbruchsgeschehen die Kompetenz des kommunalen Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) mit der ausgeprägten Kenntnis der besonderen örtlichen Gegebenheiten und kurzen Ermittlungswege unverzichtbar sind. Daher ist der von einigen Stellen geäußerte Ruf nach mehr Zentralisierung auf Bundesebene in solchen Krisensituationen nicht angemessen und zielt in die falsche Richtung.