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DOI: 10.1055/s-0032-1307284
Hygiene bei Tattoo-Conventions und in Tattoo-Studios. Risiko für Künstler und Kunden?
Hintergrund: Tätowierungen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. In Deutschland sind inzwischen ungefähr 10% der Bevölkerung tätowiert – mit schätzungsweise 20 Millionen Tattoos. Neuere Untersuchungen aus Deutschland zeigen, dass Komplikationen häufiger sind als bisher angenommen (z.B. 1,1% ärztliche Behandlung, Klügl 2010). Neben infektiösen Komplikationen können auch chemische Bestandteile der Farben eine Gesundheitsgefährdung darstellen. Tätowierer brauchen zur Ausübung Ihrer Tätigkeit keine hygienischen Kenntnisse im Sinne einer Ausbildung.
Methode: Anhand von Checklisten und Fragebögen erfolgten angekündigte Kontrollen aller Tattoo-Studios im Landkreis (2011), sowie von mobilen Tätowierern auf einer internationalen Tattoo-Convention (2010 und 2011). Wir führten mikrobiologische Untersuchungen von Wasserproben aus Sprühflaschen („Befeuchterwasser“) durch, die während des Tätowiervorgangs zum Spülen und Reinigen des Tattoos verwendet wurden (Nachweismethoden gemäß TrinkwV). Darüber hinaus untersuchten wir Tattoo-Farben auf Ihre Kennzeichnung und chemischen Bestandteile.
Ergebnis: Von 20 gemeldeten Studios im Landkreis konnten 16 in die Auswertung einbezogen werden. Fünfzehn (94%) der 16 Studios zeigten erhebliche Hygienemängel. Ein Studio musste seine Arbeit direkt nach der Kontrolle einstellen. Folgende Mängel wurden am häufigsten festgestellt: 88% keine Schutzkleidung (über Handschuhe hinaus), 81% keinen Hygieneplan, 64% Desinfektionsmittel unerlaubterweise in eigene Sprühflaschen abgefüllt, 12% fehlende Desinfektionsmittel. Wir kontrollierten 19 Tätowierer auf einer Convention aus 7 Nationen (Convention 2010). Nur ein Tätowierer (5%) konnte einen Hygieneplan vorweisen. 45% nutzten keine Schutzkleidung (über Handschuhe hinaus). Händedesinfektionsmittel war bei allen Tätowierern vorhanden, aber nur 65% hatten ein Flächendesinfektionsmittel, 45% der Tätowierer hatten keine Nadelabwurfbehälter, 22% hielten eine Hepatitis B-Impfung für nicht erforderlich.
Von 34 Wasserproben waren 17 (50%) mikrobiologisch zu beanstanden. Neben zu hoher Koloniezahl (50%) waren E. coli (6%), coliforme Keime (9%), Pseudomonaden (20%), Enterobakterien (9%) und andere (33%) nachweisbar.
Von 38 Farbproben waren 25 (66%) nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet. Dreizehn (34%) Proben waren in stofflicher Hinsicht zu beanstanden. Neben nicht zugelassenen Farbstoffen (67%) enthielten 7 Proben (18%) gesundheitsschädliche Stoffe, wie aromatische Amine, Nitrosamine und Phenol.
Schlussfolgerung: Erhebliche Hygienemängel sind sowohl in Tattoo-Studios als auch auf Conventions zu finden. Neben regelmäßigen Beratungen und Kontrollen durch das Gesundheitsamt sollte eine Mindestanforderung an die hygienische Ausbildung der Tätowierer eingeführt werden. Eine Präzisierung und Ergänzung der Tätowiermittelverordnung scheint dringend erforderlich.