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DOI: 10.1055/s-0032-1307276
Migrationshintergrund als Einflussfaktor auf gesundheitliche Konstellationen im Einschulungsalter – ein multivariates Modell
Das Bewusstsein für die Relevanz des Parameters „Migrationshintergrund“ in Bezug auf Gesundheit ist in den letzten Jahren in Deutschland stark gestiegen. Deskriptive Analysen zeigen, dass Migrantenkinder im Vergleich zu Kindern deutscher Herkunft in fast allen Bereichen häufiger gesundheitlichen Risiken ausgesetzt bzw. von gesundheitlichen Problemen betroffen sind. Es wird daher der Frage nachgegangen, welcher Einfluss dem Migrationshintergrund unter Berücksichtigung komplexer Zusammenhänge zukommt. Grundlage sind die Daten der Einschulungsuntersuchung des Landes Berlin von 2007 und 2008 (N=52.699). Aufgrund von Multikollinearitäten des Migrationshintergrundes und der Deutschkenntnisse von Kind/Eltern werden diese Variablen zu einem Merkmal kombiniert. Mittels binär logistischer Regression wird der Einfluss dieses Merkmals unter Kontrolle weiterer soziodemografischer Merkmale und relevanter Einflussgrößen auf die Zugehörigkeit zur Gruppe von Kindern mit zwei und mehr auffälligen Entwicklungsbereichen geprüft. Die Analysen erfolgen auf einem Signifikanzniveau von p<0,001, verwendete Software SPSS 18.0. Der mit Abstand stärkste Einflussfaktor ist ein niedriger Sozialstatus (OR 17,5). Der Migrationshintergrund ist nur in Verbindung mit unzureichenden Deutschkenntnissen von Kind und Elternteil (OR 5,3) bzw. mit unzureichenden Deutschkenntnissen von Kind oder Elternteil (OR 2,7) ein signifikanter Einflussfaktor. Weitere signifikante Einflussfaktoren sind ein Geburtsgewicht <1500g (OR 4,1), ein Kitabesuch kürzer 2 Jahre (OR 2,3) sowie männliches Geschlecht (OR 2). Die Familienkonstellation und die Nichtteilnahme an der U8 haben allenfalls einen schwachen Einfluss (OR 1,3 bzw. 1,9). Die Analysen zeigen, dass der Migrationshintergrund per se kein Risikofaktor für Entwicklungsstörungen ist, sondern den Deutschkenntnissen eine wichtige Rolle zukommt. Der höhere Anteil von Entwicklungsauffälligkeiten bei Migrantenkindern ist damit zum einen auf einen höheren Anteil sozial Benachteiligter sowie unzureichende Deutschkenntnisse zurück zu führen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit der besonderen Förderung von sozial benachteiligten Kindern sowie die Bedeutung der Förderung der deutschen Sprache von Kindern und Eltern.