Zusammenfassung
Leistungen zur Teilhabe werden in Deutschland auf Basis des öffentlichen Sozialrechts
erbracht. Zuteilung und Priorisierung unterliegen somit rechtlichen Bindungen. Soweit
Leistungen zur Teilhabe zum Existenzminimum gehören, sind sie jedenfalls bei Bedürftigkeit
unbedingt zu erbringen. Da alle Leistungsgruppen auch Teil des Sozialhilferechts sind,
besteht zumindest eine Vermutung, dass sie zum Existenzminimum gehören. Aus den Freiheitsrechten
folgt, dass für Mitglieder eines Pflichtsystems wesentliche Leistungen bei wichtigen
Bedarfslagen gewährleistet sein müssen. Die Gleichheitsrechte verlangen für Differenzierungen
einen sachlichen Grund. Benachteiligungen insbesondere wegen Religion, Rasse, Geschlecht
und Behinderung sind verboten. Das ist auch bei einer Priorisierung nach dem Nutzen
von Leistungen zu beachten. Wesentliche Kriterien der Priorisierung müssen durch Gesetz
festgelegt werden.
Das gegliederte System der Rehabilitation in Deutschland erschwert eine systematische
Priorisierung, da der Leistungszugang nach wie vor unterschiedlichen Kriterien folgt.
Das SGB IX sieht gemeinsame Empfehlungen vor, die aber bislang nicht hinreichend konkret
sind. Fraglich ist, ob sich aus den Leistungsvoraussetzungen im Einzelnen Kriterien
der Priorisierung gewinnen lassen. Dieser sind enge Grenzen gezogen, soweit auf Leistungen
ein Rechtsanspruch dem Grunde nach besteht. Daran ändern auch Budget-Regelungen wie
in der gesetzlichen Rentenversicherung nichts. Ob diese allerdings zu einer faktischen
Priorisierung führen und was deren Kriterien sind, wäre zu erforschen. Das gilt auch
für die Wartezeit auf Leistungen zur Teilhabe sowie für Art und Umfang der Leistungen,
die im Ermessen der Träger stehen. Eine erhebliche priorisierende Wirkung haben Entscheidungen
über die zur Verfügung stehende Infrastruktur der Dienste und Einrichtungen. Hierfür
besteht weder eine klare gesetzliche Verantwortlichkeit noch ein Forschungsstand aus
der Praxis. Schließlich ist nicht nur die Priorisierung innerhalb der Rehabilitation
zu betrachten, sondern auch die Prioritätensetzung zwischen Rehabilitation und Akutbehandlung.
Abstract
Participation benefits (rehabilitation) in Germany are granted on the basis of public
social security law. Allocation and prioritization, hence, are to be seen in a legal
context. As far as they belong to subsistence level requirements, participation benefits
have to be granted unconditionally in case persons are needy. As all kinds of participation
benefits also are part of social assistance law it can be assumed that they are part
of subsistence. In light of individual basic freedoms, members of an obligatory system
of social security have to be granted essential benefits in case of major contingencies.
Basic equality rights demand objective reasons for making distinctions. Discrimination
on the basis especially of religion, race, gender and disability is forbidden. This
has to be taken into account also in prioritization by benefit usefulness. Substantial
criteria for prioritization have to be stipulated by law.
The divided system of rehabilitation in Germany impedes a systematic prioritization
because benefits continue to be granted according to different criteria. The social
code book 9 – SGB IX – demands common guidelines for the rehabilitation administration
bodies, but these guidelines are not concrete enough so far. It remains to be seen
whether prioritization criteria can be extracted from the various benefit prerequisites.
Prioritization is subject to narrow limits as far as persons are basically entitled
to a benefit. This holds true also in case of rehab budgets such as those in statutory
pension insurance. Anyhow, research needs to be done on whether these lead to prioritization
in practice and which criteria would be relevant. A highly prioritizing impact is
exercised by decisions about the available infrastructure of rehabilitation services
and facilities, but there is neither a clear legal basis nor research on this subject.
Finally, not only prioritization within rehabilitation has to be discussed but also
prioritization between rehabilitation and acute medicine.
Schlüsselwörter
Priorisierung - Sozialrecht - Verfassungsrecht - SGB IX
Key words
prioritization - social security law - constitutional law - social code book nine