Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P143
DOI: 10.1055/s-0032-1301693

Transkranielle Gleichstromstimulation in der Rehabilitation des multimodalen Neglects nach Hirnschädigung

G Neumann 1, K Bösl 1, D Glocker 2, J Lüdemann-Podubecká 1, S Theilig 1, G Kerkhoff 3, DA Nowak 1
  • 1Neurologische Rehabilitationsklinik Kipfenberg, Kipfenberg
  • 2Klinikum Ingolstadt, Ingolstadt
  • 3Universität des Saarlandes, Saarbrücken

Überblick: Die Effektivität der transkraniellen Gleichstromstimulation (tDCS) als ergänzendes nicht invasives Hirnstimulationsverfahren in der Therapie des multimodalen Neglects wird untersucht. Die tDCS wird über 2 Wochen in Verbindung mit der Prismenadaptationstherapie (2) bei Patienten nach einem erstmaligen Schlaganfall und Neglectsymptomen angewandt.

Einleitung: Innerhalb des Konzepts der interhemisphärischen Rivalität konnte nachgewiesen werden, dass die Reduktion der kortikalen Erregbarkeit der primär motorischen Hirnrinde der nicht betroffenen Hemisphäre mittels tDCS eine signifikante Verbesserung der motorischen Funktion der Hand bewirken kann (3). In Studien bezüglich der Wirkung der tDCS auf kognitive Leistungen bei Gesunden und Schlaganfallpatienten konnten positive Effekte auf exekutive Funktionen (1), Sprache (4) und visuelle Vernachlässigungsphänomene (5) nachgewiesen werden.

Ziel der aktuellen Studie ist es, die kurz- und mittelfristigen Auswirkungen einer kathodalen tDCS über dem kontraläsionalen posterioren Parietallappen auf die Effektivität der Prismenadaptationstherapie bei Patienten mit Neglect zu untersuchen. Von besonderem Interesse sind dabei die Effekte auf die multimodalen Aspekte des Neglectsyndroms.

Methodik: Patienten mit Neglect nach einem erstmaligen Schlaganfall werden in zwei Interventionsgruppen randomisiert. Die Experimentalgruppe erhält über 2 Wochen ein Prismenadaptationstraining unterstützt durch eine kathodale tDCS (20 Minuten, 1mA) über dem posterioren parietalen Kortex der nicht betroffenen Hemisphäre. Die Kontrollgruppe erhält neben der Prismenadaptationsbehandlung eine von der tDCS nicht zu unterscheidende Scheinstimulation. Mittels einer ausführlichen Testbatterie wird die kurz- und mittelfristige Wirkungsweise der Kombinationsbehandlung erfasst.

Hypothese: Die kathodale tDCS über dem posterioren parietalen Kortex der nicht betroffenen Hemisphäre steigert den Effekt der Prismenadaptationsbehandlung signifikant.

Literatur: (1) Dockery C, Hueckel-Weng R, Birbaumer N, Plewnia Ch. Enhancement of Planning Ability by Transcranial Direct Current Stimulation. Journal of Neuroscience 2009;29:7271-7277. (2) Frassinetti F, Angeli V, Meneghello F, Avanzi St, Làdavas E. Long-lasting amelioration of visuospatial neglect by prism adaptation. Brain 2002;125:608-623. (3) Nowak D. Hirnstimulation in der Rehabilitation von Handfunktionsstörungen nach Schlaganfall. Akt Neurol 2009;36:397-411. (4) Sparing R, Dafotakis M, Meister I, Thirugnanasambandam N, Fink G. Enhancing language performance with non-invasive brain stimulation - A transcranial direct current stimulation study in healthy humans. Neuropsychologia 2008;46:261-268. (5) Sparing R, Thimm M, Hesse MD, Küst J, Karbe H, Fink GR. Bidirectional alterations of interhemispheric parietal balance by non-invasive cortical stimulation. Brain 2009;132:3011-3020.