Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P126
DOI: 10.1055/s-0032-1301676

Zur Kontrolle von Greifbewegungen: eine Studie über temporäre propriozeptive Deafferentierung

M Krüger 1, T Eggert 1, A Straube 1
  • 1Neurologische Klinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Einleitung: Studien an propriozeptiv deafferentierten Patienten haben gezeigt, dass eine beeinträchtigte Propriozeption die Bewegungsausführung negativ beeinflusst. Diese Studien wurden an Patienten durchgeführt, deren motorisches Kontrollsystem sich mit der Dauer der Schädigung an das Fehlen der Propriozeption anpassen konnte. Unklar ist jedoch bislang, wie sich das motorische Kontrollsystem gesunder Probanden kurzfristig an das Fehlen propriozeptiver Informationen anpasst.

Methode: Zur Untersuchung dieser Fragestellung wurden Greifbewegungen zu einem Kugelförmigen Objekt unter Kontrollbedingungen (Bedingung 1) und unter Ischämie (durch eine Oberarmmanschette, Bedingung 2), die eine Reduktion der sensiblen Reafferenzen verursacht, an 10 gesunde Probanden (Pbn) vermessen. Die Ischämie wurde durch eine Blutdruckmanschette am Oberarm (20 min., 150–160mmHg) erzielt, und die Beeinträchtigung der Propriozeption mittels von-Frey-Filamenten geprüft. Die bei der Bewegung involvierten 7 Freiheitsgrade des Arms wurden mit Hilfe eines Ultraschall-Messsystems (Zebris) aufgezeichnet. Analysiert wurden die Trajektorien und ihre Variabilität im Gelenkwinkelraum.

Ergebnisse: Bewegungsdauer, Gelenkwinkelvariabilität und Endpunktgenauigkeit blieben unter Ischämie unverändert. Dagegen zeigten die Trajektorien während Ischämie geringere Amplituden in den distalen Gelenken.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass die funktionale Qualität der Bewegung (insbesondere die Endpunktgenauigkeit) bei gesunden Pbn auch während Ischämie erhalten bleibt. Dies legt nahe, dass die gleichzeitig beobachteten Trajektorienänderungen eine Anpassung des motorischen Kontrollsystems an das Fehlen propriozeptiver Informationen reflektieren.