Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P124
DOI: 10.1055/s-0032-1301674

Paroxysmales skew-torsion sign bei einem Tumor mit Bezug zum rechten Vestibulariskerngebiet

F Thömke 1, A Schröer 2, A Schröer 1, S Boor 3
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Mainz
  • 2Abteilung für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz, Mainz, Deutschland
  • 3Institut für Neuroradiologie der Universitätsmedizin Mainz, Mainz

Bei einem 54-jährigen Mann traten für etwa 10 Minuten anhaltende episodische vertikale Doppelbilder und eine Gangunsicherheit auf. Über 8 Jahre hinweg nahm die Häufigkeit dieser Episoden von durchschnittlich eine jeden 2. Tag auf mehrere pro Tag zu und die Dauer stieg von etwa 10 auf 45–90 Minuten an.

Klinisch-neurologisch bestand zwischen den Attacken eine Ocular Tilt Reaction (OTR) nach rechts mit Kopfneigung nach rechts, tiefer stehendem rechten Auge, Verrollung der Augen nach rechts, und Verkippung der subjektiven visuellen Vertikalen (SVV) nach rechts.

Während einer Attacke kam es bei unveränderter Kopfneigung nach rechts zu einem skew-torsion sign (STS) nach links (Hypertropie des rechten Auges um 17°, Außenrotation des linken Auges um 16° und Innnerotation des rechten Auges um 6°, SVV-Verkippung um 9,8° nach links).

Magnetresonanztomographisch fand sich ein Tumor, wahrscheinlich ein Hamartom, der die Region des rechten Vestibulariskerns mit einbezog. Behandlungsversuche mit Carbamazepin (2×400mg) und Gabapentin (3×600mg) waren wirkungslos. 4-Aminopyridin führte zu einer Zunahme der Attacken. Unter Memantin (3×10mg) kam es zu einer Besserung, allerdings nur vorübergehend.

Ein paroxysmales STS ist sehr selten und meist als Teilsymptom einer paroxysmalen OTR beschrieben worden. Unser Patient hatte ein paroxysmales STS ohne zusätzliche Kopfneigung. Es liegt nahe, einen Zusammenhang mit dem MR-tomographisch nachgewiesenen Tumor mit Bezug zum rechten Vestibulariskern zu sehen. So könnte das episodische STS nach links Folge einer vorübergehenden Überaktivität von Neuronen des rechten Vestibulariskerns sein, wohingegen die OTR (mit STS) nach rechts zwischen den Attacken mit einer Unterfunktion dieser Neuronen erklärbar wäre. Der Mechanismus allerdings, der zu solch einem häufigen Wechsel zwischen den Funktionszuständen vestibulärer Neurone führt, ist unklar.