Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P123
DOI: 10.1055/s-0032-1301673

Über die zunehmende klinische Variabilität von Hirnstamminfarkten

F Thömke 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz, Mainz

Ziel: Mit der zunehmenden Verbreitung der Magnetresonanztomographie wurden neue mögliche klinische Manifestationen von Hirnstamminfarkten beschrieben, die zusammenfassend dargestellt werden sollen.

Methode: Literaturrecherche über klinisch mögliche Manifestationen von Hirnstamminfarkten.

Ergebnisse: Hirnstamminfarkte können aufgrund der Beteiligung langer Bahnen und/oder im Hirnstamm verlaufender Hirnnervensegmente in 3 Gruppen eingeteilt werde: 1. Klassische gekreuzte Hirnstammsyndrome durch Infarkte, die lange Bahnen und im Hirnstamm verlaufende Hirnnervensegmente betreffen. Hier sind mehr als 25 verschiedene Syndrome beschrieben und nach ihren Erstbeschreibern benannt worden. Solche Störungen machen nur etwa 10% aller Hirnstamminfarkte aus, wobei es sich überwiegend um das Wallenberg-Syndrom handelt. 2. Lakunäre Hirnstammsyndrome durch Infarkte, die lange Bahnen schädigen und im Hirnstamm verlaufende Hirnnervensegmente aussparen. Hierzu zählen die in den 1960 und 70er Jahren beschriebenen Störungen wie die rein motorische oder rein sensible Hemiparese oder das Dysarthria-Clumsy Hand-Syndrom. Neueren Befunden zufolge können auch eine internukleäre Ophthalmoplegie, eine Skew Deviation, eine Ocular Tilt Reaction, eine horizontale oder vertikale Blickparesen, ein Upbeat- Nystagmus, Schwindel, Erbrechen oder eine Fallneigung das einzige Symptom eines umschriebene Hirnstamminfarkts sein. Solche Störungen sind insgesamt häufiger als klassische Hirnstammsyndrome.3. Isolierte Hirnnervenfunktionsstörungen durch Infarkte, die im Hirnstamm verlaufende Hirnnervensegmente betreffen und lange Bahnen aussparen. Solche Störungen sind für die Nn. III, IV, V, VI, VII, VIII beschrieben worden und dürften einige Prozent aller Hirnstamminfarkte ausmachen.

Schlussfolgerung: Neben den klassischen Hirnstamm- und lakunären Syndromen manifestiert sich eine beträchtliche Anzahl von Hirnstamminfarkten als isolierte Augenbewegungs- oder Hirnnervenfunktionsstörung.