Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P088
DOI: 10.1055/s-0032-1301638

Thalamo-muskuläre Kohärenz bei einem Patienten mit orthostatischem Tremor

J Hübl 1, M Herrojo Ruiz 1, E Barow 1, C Blahak 2, JK Krauss 3, AA Kühn 1
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Neurologie, Universität Mannheim, Mannheim
  • 3Neurochirurgie, MHH, Hannover

Fragestellung: Die tiefe Hirnstimulation (THS) im Nucleus intermedius ventralis thalami (VIM) ist eine experimentelle Therapie bei Patienten mit orthostatischem Tremor (OT; Guridi et al., 2008). Während bei anderen Tremorerkrankungen das pathologische Tremornetzwerk gut beschrieben ist (Schnitzler et a., 2006), sind die Ursachen bei OT noch unzureichend geklärt. Hier analysieren wir neurophysiologische Muster thalamomuskulärer Kohärenz bei einer Patientin mit OT.

Methode: Lokale Feldpotentiale (LFP) wurden über die im VIM implantierten THS-Elektroden bipolar über be-nachbarte Elektrodenkontakte abgeleitet. Parallel zu den LFP wurde ein EMG vom M. quadriceps femoris und M. tibialis anterior im Stehen und Sitzen für jeweils 30 s (6 Durchgänge) registriert. Wir berechneten FFT-basierte Powerspektren der mittleren LFP-/EMG-Aktivität, Kohärenz zwischen LFP- und EMG-Signalen und Richtung des Aktivitätsflusses zwischen VIM-LFP und EMG der betroffenen Muskeln mittels partial directed coherence (PDC).

Ergebnisse: Ein Peak im Bereich der Tremorfrequenz (13,9 Hz) stellte sich im Powerspektrum des EMG und der VIM LFP während des Stehens aber nicht im Sitzen dar. Der Peak war an den untersten Elektroden-kontaktpaaren am größten und an den benachbarten Kontaktpaaren um 27%±16 niedriger. Die Ko-härenz zwischen VIM LFP und EMG im Bereich der Tremorfrequenz war ebenfalls im Stehen aber nicht im Sitzen signifikant und zeigte die gleiche Fokalität mit maximalen Werten (0,29±0,14) an den untersten Kontaktpaaren. Mit der PDC stellten wir einen überwiegenden Aktivitätsfluss vom VIM zum EMG fest.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse mit fokalem Maximum der tremorspezifischen oszillatorischen Aktivität im VIM lassen vermuten, dass der VIM in das tremorassoziierte Netzwerk bei OT involviert ist. Darüber hinaus legen die Ergebnisse der PDC nahe, dass die pathologische oszillatorische Aktivität im VIM bei der Entste-hung des Tremors eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Literatur: Guridi J, Rodriguez-Oroz MC, Arbizu J, Alegre M, Prieto E, Landecho I, Manrique M, Artieda J and Obeso JA. Successful tha-lamic deep brain stimulation for orthostatic tremor. Mov Disord. 2008;23(13): 1808-11. Schnitzler A, Timmermann L and Gross J. Physiological and pathological oscillatory networks in the human motor system. J Physiol Paris. 2006;99(1): 3-7.