Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P084
DOI: 10.1055/s-0032-1301634

Dysarthrie durch Tiefe Hirnstimulation im Globus pallidus internus bei Dystonie-Patienten – Ergebnisse einer signalakustischen Analyse

P Bröckelmann 1, A Pauls 1, S Hammesfahr 2, L Timmermann 1, IG Meister 2
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Uniklinik Köln, Köln
  • 2Klinik für Neurologie, Uniklinik Köln, Köln

Die Tiefe Hirnstimulation im Bereich des Globus pallidus internus (Gpi) stellt eine neue und effektive Therapieoption bei ausgeprägter segmentaler und generalisierter Dystonie dar. Als relativ häufige Nebenwirkung der Stimulation, durch die im Einzelfall auch die Stimulationsstärke begrenzt werden muss, kann sich eine Dysarthrie manifestieren. Das Ziel der aktuellen Studie war eine genauere Charakterisierung der Sprechstörung, die infolge der pallidalen Tiefen Hirnstimulation entsteht. Bei Patienten mit einer segmentalen oder generalisierten Dystonie, bei denen mindestens seit 3 Monaten eine Tiefe Hirnstimulation im GPI beidseits bestand, wurde eine detaillierte Sprechtestung im Stimulations-ON sowie nach zwölfstündigem OFF durchgeführt. Im Einzelnen wurden das Vorlesen eines Standardtextes, die Phonhaltedauer für verschiedene Phoneme und Lautstärke sowie Umfang der Sprechlautstärke getestet. In der signalakustischen Analyse zeigte sich, dass die Patienten während der Stimulation im Vergleich zum OFF beim Textlesen eine signifikant verminderte Sprechgeschwindigkeit aufwiesen. Dies erklärte sich durch eine signifikant erhöhte Anzahl von Atempausen. Zudem fand sich im ON im Vergleich zum OFF eine erhöhte maximale Sprechlautstärke. Die Phonhaltedauer unterschied sich nicht signifikant zwischen ON und OFF. Die Ergebnisse dieser Untersuchung belegen mit quantitativer akustischer Signalanalyse, dass die Tiefe Hirnstimulation im GPi beidseits zu einer Beeinträchtigung der Sprechmotorik führt. Die Nebenwirkungen der Tiefen Hirnstimulation betrafen insbesondere die Sprechatmung. Die Dysarthrie ist als relevante Nebenwirkung bei der Einstellung der Stimulationsparameter zu berücksichtigen. Zudem können die Ergebnisse dieser Studie als Basis für die Entwicklung von logopädischen Therapiekonzepten bei Patienten mit Dystonie und Tiefer Hirnstimulation dienen.