Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P054
DOI: 10.1055/s-0032-1301604

Gestörte Depotenzierung von LTP-ähnlicher Plastizität bei der fokalen Handdystonie

JS Kang 1, X Mei 1, R Hilker 1, U Ziemann 1
  • 1Universitätsklinikum Frankfurt am Main, Klinik für Neurologie, Frankfurt am Main

Fragestellung: Fokale Handdystonien (FHD) sind durch unwillkürliche erhöhte aufgabenspezifische Muskelaktivierung mit oft funktionell relevanter abnormer Haltung der Hände gekennzeichnet. Ursächlich werden Störungen der Kontrolle kortikaler Plastizität vermutet. Mittels transkranieller Theta-Burst-Stimulation (TBS) wurde gezeigt, dass Langzeitpotenzierung (LTP)-ähnliche Plastizität bei Gesunden depotenziert werden kann (Huang et al. 2010, J Physiol 588: 3683–93). Wir haben untersucht, inwieweit entsprechend der Hypothese gestörter Plastizitätskontrolle bei FHD-Patienten die Depotenzierung von LTP-ähnlicher Plastizität defizient ist.

Methoden: 8 FHD-Patienten (7 Rechtshänder, 5 Frauen, mittleres Alter 49,0 Jahre) und 9 gesunde Probanden (8 Rechtshänder, 5 Frauen, mittleres Alter 49,8 Jahre) wurden rekrutiert. Motorisch evozierte Potenziale (MEP) wurden vom M. interosseus dorsalis I der dystonen (FHD) bzw. der rechten Hand (Gesunde) als Marker für TBS-induzierte Änderungen der kortikospinalen Erregbarkeit vor (Baseline) und über 20 min nach TBS abgeleitet. In einem randomisierten crossover Design wurden mit einem Mindestabstand von einer Woche drei TBS-Protokolle (entsprechend Huang et al. 2010) getestet: iTBS600 zur Induktion eines LTP-ähnlichen MEP Anstieges, cTBS150 ohne Induktion von MEP Änderungen und iTBS600 gefolgt von cTBS150 zur Depotenzierung der iTBS600-induzierten LTP-ähnlichen Plastizität.

Ergebnisse: Bei beiden Gruppen führte iTBS600 zu vergleichbaren LTP-ähnlichen MEP Steigerungen, cTBS150 dagegen zu keiner MEP Änderung. ITBS600 gefolgt von cTBS150 führte bei den Gesunden zu einer Depotenzierung des LTP-ähnlichen Effektes, nicht aber bei den FHD Patienten (Gruppenunterschied: p=0.002).

Schlussfolgerung: Bei FHD-Patienten fehlt die durch TBS-Protokolle induzierte Depotenzierung von LTP-ähnlicher Plastizität. Dieser Befund stützt die Hypothese, dass fokale Handdystonien mit einer gestörten Kontrolle von Plastizität im Motorkortex assoziiert sind.