Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P053
DOI: 10.1055/s-0032-1301603

Calciumabhängige Modulation neuronaler Plastizität am Menschen

JJ Mann 1, DT Weise 2, JJ Rumpf 2, J Classen 2
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universität Leipzig, Leipzig
  • 2Department of Neurology, University of Leipzig, Leipzig

Fragestellung:

Mit Hilfe der assoziativen Paarstimulation (PAS) und der Theta-Burst-Stimulation (TBS) lässt sich LTP-ähnliche synaptische Plastizität im Motorkortex (M1) induzieren, bei deren Entstehung Calciumströme möglicherweise eine wichtige Rolle spielen.

Methoden:

14 Probanden wurden mittels cTBS300 (100 TMS-Impulstripletts [70% RMT, Interstimulusintervall; ISI 20ms] alle 200ms) jeweils nach 750mg ETX und PBO untersucht. 13 Probanden wurden mittels PAS (Kombination aus elektrischer Stimulation des N. medianus und TMS [130% Ruhemotorschwelle, RMT] über dem Handareal des kontralateralen M1, 90 Reizpaare, 0,1Hz, ISI 25ms) untersucht und erhielten in vier Sitzungen entweder 30mg Nimodipin (NDP, L-VGCC-Antagonist; AT), Placebo (PBO), 30mg NDP und 120mg Dextromethorphan (DXM, NMDA-R-AT) oder 750mg Ethosuximid (ETX, T-VGCC-AT) und PBO. MEP-Amplituden des M. abductor pollicis brevis wurden vor Medikation (t0), nach Wirkeintritt (tM) sowie bis zu 32min nach PAS/TBS gemessen.

Ergebnisse:

CTBS300 steigerte unter PBO die Exzitabilität (bis 135%). Dieser Effekt wurde durch ETX blockiert (p=0.009, 2-fakt. ANOVA). Der PAS-Effekt war abhängig von der Medikation (p< 0,001, ANOVA). PAS steigerte unter PBO die Exzitabilität (bis 52%), NDP blockierte diesen PAS-Effekt. Unter ETX verminderte PAS die Exzitabilität (bis –15%). Der Vergleich beider Protokolle unter ETX zeigte eine differentielle Wirkung (p=0.033, ANOVA). Unter NDP+DXM kam es schon vor PAS zu einem Anstieg der MEP-Amplituden, der sich nach PAS fortsetzte.

Schlussfolgerungen:

Die Ergebnisse bestätigen eine zentrale Rolle von Calciumströmen bei TMS-induzierter Plastizität in M1. Die differentielle Wirkung von ETX auf cTBS300 und PAS spricht für eine unterschiedliche Bedeutung von T-VGCC für die zugrundeliegenden Plastizitätsmechanismen. Der Anstieg der Exzitabilität unter DXM+NDP vor und nach PAS könnte durch die medikamenteninduzierte NMDA-R-Blockade und kompensatorisch erhöhte Glutamat-Transmission[1] bedingt sein.

Literatur: [1] DiLazarro (2003) Ketamine increases human motor cortex excitability to transcranial magnetic stimulation. J Physiol, 547.2 pp. 485–496