Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P050
DOI: 10.1055/s-0032-1301600

Der Einfluss von Catechol-O-Methyltransferase und Apolipoprotein E Polymorphismen auf exekutive Funktionen bei einer jungen Altersgruppe

A Helwich 1, T Eggermann 2, K Zerres 2, M Piefke 1
  • 1CITEC Center of Excellence Cognitive Interaction Technology und Fakultät für Psychologie und Sportwissenschaft, Universität Bielefeld, Bielefeld
  • 2Institut für Humangenetik, Universitätsklinikum der RWTH Aachen, Aachen

Individuelle Leistungsunterschiede in exekutiven Funktionen wurden bereits in früheren Studien auf das Serumprotein Apolipoprotein E (ApoE) und das Enzym Catechol-O-Methyltransferase (COMT) zurückgeführt. Wisdom et al. (2011) zeigten in einer Meta-Analyse, dass das ApoE neben Gedächtnisleistungen auch Exekutivfunktionen moduliert. Diese Studien bezogen sich auf Personen im höheren Lebensalter, während die Modulation in Bezug auf das frühe Erwachsenenalter (FEA) bislang kaum untersucht wurde. Der Zusammenhang zwischen COMT und Exekutivfunktionen wurde an einem breiteren Altersspektrum untersucht. Dabei wurde vor allem der Wisconsin Card Sorting Test (WCST) verwendet (z.B. Barnett et al., 2007; Fiocco et al., 2010; Nagel et al., 2008). Die Ziele unserer Studie waren die Messung der Modulation exekutiver Funktionen durch ApoE und COMT Polymorphismen im WCST und anderen neuropsychologischen Tests zur Untersuchung von Exekutivleistungen im FEA. Dazu wurden die COMT Genotypen und ApoE Genotypen von 47 jungen Probanden bestimmt. Die Exekutivleistungen wurden mit dem WCST, dem Zahlenverbindungstest (ZVT) und einem Subtest der CANTAB Testbatterie (Rapid Visual Information Processing; RVP) erfasst. Valin/Valin-Träger und non ApoE Allel 4-Träger erreichten signifikant bessere Leistungen in der anhaltenden Aufmerksamkeit (erfasst durch RVP) als die übrigen COMT und ApoE Genotypen (Abb. 1 und 3). In der kognitiven Leistungsgeschwindigkeit (erfasst im ZVT) zeigten Valin/Valin-Träger signifikant bessere Leistungen als die übrigen COMT Genotypen (Abb. 2). Die Ergebnisse zeigen, dass COMT und ApoE Polymorphismen nicht nur im höheren Alter, sondern bereits im FEA für einige, jedoch nicht alle Exekutivfunktionen als Modulatoren wirksam sind. Die Charakteristika der durch COMT und ApoE Polymorphismen im FEA beeinflussten exekutiven Funktionen müssen in zukünftigen Studien an größeren Stichproben genauer untersucht werden.

Abb. 1: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im RVP in der ApoE Allel 4- und non ApoE Allel 4-Gruppe. Die non ApoE Allel 4-Träger erreichten ein signifikant bessere Ergebnis im RVP als die ApoE Allel 4-Träger, U=119,50, p=0,048. Der RVP operationalisiert die anhaltende Aufmerksamkeit. RVP=Rapid Visual Information Processing; non ApoE4=ApoE Allel 4-Gruppe; ApoE4=ApoE Allel 4-Gruppe.
*=signifikantes Ergebnis

Abb. 2: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im ZVT in den Genotypen-Gruppen des COMT. Die Val/Val-Träger erreichten ein signifikant besseres Ergebnis im ZVT als die Val/Met- und Met/Met-Träger, χ2(2, 47)=6,77, p=0,034. Der ZVT operationalisiert die kognitive Leistungsgeschwindigkeit. ZVT=Zahlenverbindungstest; Val/Val=Valin/Valin; Val/Met=Valin/Methionin; Met/Met=Methionin/Methionin.
*=signifikantes Ergebnis

Abb. 3: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im RVP in den Genotypen-Gruppen des COMT. Die Val/Val-Träger erreichten ein annähernd statistisch signifikant es besseres Ergebnis im RVP als die Val/Met- und Met/Met-Träger, χ2(2, 47)=5,49, p=0,064. Der RVP operationalisiert die anhaltende Aufmerksamkeit. RVP=Rapid Visual Information Processing; Val/Val=Valin/Valin; Val/Met=Valin/Methionin; Met/Met=Methionin/Methionin.
†=Tendenz zur Signifikanz

Literatur: Barnett, J. H., Jones, P.B., Robbins, T. W. & Müller, U. (2007). Effects of the catechol-o-methyltransferase val158met polymorphism on executive function: A meta-analysis of the wisconsin card sorting test in schizophrenia and healthy controls. Molecular Psychiatry, 12, 502-509. Fiocco, A. J., Lindquist, K., Ferrell, R., Li, R., Simonsick, E. M., Nalls, M., …Yaffe, K. (2010). COMT genotype and cognitive function: An 8-year longitudinal study in white and black elders. Neurology, 74, 1296-1302. Nagel, I. E., Chicherio, C., Li, S.-C., von Oertzen, T., Sander, T., Villringer, A., …Lindenberger, U. (2008). Human aging magnifies genetic effects on executive functioning and working memory. Frontiers in Human Neuroscience, 2, 1-8. Wisdom, N. M., Callahan, J. L. & Hawkins, K. A. (2011). The effects of apolipoprotein E on non-impaired cognitive functioning: A meta-analysis. Neurobiology of Aging, 32, 63-74.