Individuelle Leistungsunterschiede in exekutiven Funktionen wurden bereits in früheren
Studien auf das Serumprotein Apolipoprotein E (ApoE) und das Enzym Catechol-O-Methyltransferase
(COMT) zurückgeführt. Wisdom et al. (2011) zeigten in einer Meta-Analyse, dass das
ApoE neben Gedächtnisleistungen auch Exekutivfunktionen moduliert. Diese Studien bezogen
sich auf Personen im höheren Lebensalter, während die Modulation in Bezug auf das
frühe Erwachsenenalter (FEA) bislang kaum untersucht wurde. Der Zusammenhang zwischen
COMT und Exekutivfunktionen wurde an einem breiteren Altersspektrum untersucht. Dabei
wurde vor allem der Wisconsin Card Sorting Test (WCST) verwendet (z.B. Barnett et
al., 2007; Fiocco et al., 2010; Nagel et al., 2008). Die Ziele unserer Studie waren
die Messung der Modulation exekutiver Funktionen durch ApoE und COMT Polymorphismen
im WCST und anderen neuropsychologischen Tests zur Untersuchung von Exekutivleistungen
im FEA. Dazu wurden die COMT Genotypen und ApoE Genotypen von 47 jungen Probanden
bestimmt. Die Exekutivleistungen wurden mit dem WCST, dem Zahlenverbindungstest (ZVT)
und einem Subtest der CANTAB Testbatterie (Rapid Visual Information Processing; RVP)
erfasst. Valin/Valin-Träger und non ApoE Allel 4-Träger erreichten signifikant bessere
Leistungen in der anhaltenden Aufmerksamkeit (erfasst durch RVP) als die übrigen COMT
und ApoE Genotypen (Abb. 1 und 3). In der kognitiven Leistungsgeschwindigkeit (erfasst
im ZVT) zeigten Valin/Valin-Träger signifikant bessere Leistungen als die übrigen
COMT Genotypen (Abb. 2). Die Ergebnisse zeigen, dass COMT und ApoE Polymorphismen
nicht nur im höheren Alter, sondern bereits im FEA für einige, jedoch nicht alle Exekutivfunktionen
als Modulatoren wirksam sind. Die Charakteristika der durch COMT und ApoE Polymorphismen
im FEA beeinflussten exekutiven Funktionen müssen in zukünftigen Studien an größeren
Stichproben genauer untersucht werden.
Abb. 1: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im RVP in der ApoE Allel 4- und
non ApoE Allel 4-Gruppe. Die non ApoE Allel 4-Träger erreichten ein signifikant bessere
Ergebnis im RVP als die ApoE Allel 4-Träger, U=119,50, p=0,048. Der RVP operationalisiert
die anhaltende Aufmerksamkeit. RVP=Rapid Visual Information Processing; non ApoE4=ApoE
Allel 4-Gruppe; ApoE4=ApoE Allel 4-Gruppe.
*=signifikantes Ergebnis
Abb. 2: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im ZVT in den Genotypen-Gruppen
des COMT. Die Val/Val-Träger erreichten ein signifikant besseres Ergebnis im ZVT als
die Val/Met- und Met/Met-Träger, χ2(2, 47)=6,77, p=0,034. Der ZVT operationalisiert die kognitive Leistungsgeschwindigkeit.
ZVT=Zahlenverbindungstest; Val/Val=Valin/Valin; Val/Met=Valin/Methionin; Met/Met=Methionin/Methionin.
*=signifikantes Ergebnis
Abb. 3: Dargestellt ist die Verteilung der Testergebnisse im RVP in den Genotypen-Gruppen
des COMT. Die Val/Val-Träger erreichten ein annähernd statistisch signifikant es besseres
Ergebnis im RVP als die Val/Met- und Met/Met-Träger, χ2(2, 47)=5,49, p=0,064. Der RVP operationalisiert die anhaltende Aufmerksamkeit. RVP=Rapid
Visual Information Processing; Val/Val=Valin/Valin; Val/Met=Valin/Methionin; Met/Met=Methionin/Methionin.
†=Tendenz zur Signifikanz
Literatur: Barnett, J. H., Jones, P.B., Robbins, T. W. & Müller, U. (2007). Effects of the catechol-o-methyltransferase
val158met polymorphism on executive function: A meta-analysis of the wisconsin card
sorting test in schizophrenia and healthy controls. Molecular Psychiatry, 12, 502-509.
Fiocco, A. J., Lindquist, K., Ferrell, R., Li, R., Simonsick, E. M., Nalls, M., …Yaffe,
K. (2010). COMT genotype and cognitive function: An 8-year longitudinal study in white
and black elders. Neurology, 74, 1296-1302. Nagel, I. E., Chicherio, C., Li, S.-C.,
von Oertzen, T., Sander, T., Villringer, A., …Lindenberger, U. (2008). Human aging
magnifies genetic effects on executive functioning and working memory. Frontiers in
Human Neuroscience, 2, 1-8. Wisdom, N. M., Callahan, J. L. & Hawkins, K. A. (2011).
The effects of apolipoprotein E on non-impaired cognitive functioning: A meta-analysis.
Neurobiology of Aging, 32, 63-74.