Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - P008
DOI: 10.1055/s-0032-1301558

Patient mit unwillkürlicher Imitationsneigung von Handbewegungen nach Schlaganfall

C Dettmers 1
  • 1Kliniken Schmieder Konstanz, Konstanz

Fallvorstellung: 62-jähriger Patient. Rechtshemisphärische ICB vor 11 Jahren. Initial Schwäche der linken Hand und Kribbeln. Aktuell: Feinmotorikstörung links, hochgradig beeinträchtigte Greif- und Hantierfunktion links, Gangunsicherheit, „er müsse alles visuell kontrollieren“. Neurostatus: Erhöhter Muskeltonus links, dystoner Bewegungsunruhe linke Hand; keine sichere Kraftminderung, Feinmotorikstörung. Hochgradige Hypaesthesie der linken Körperhälfte für alle Qualitäten. Sensible Ataxie links. Weitschweifig, umständlich, wenig strukturiert, konkretistisch. Anamnestische Angabe, dass ihn seine Frau zuhause immer wieder dabei ertappe, dass seine linke, betroffene Hand Bewegungen anderer Leute, die er beobachte, imitiere. Ergebnis (spontane Erzählung des Patienten): „Ich merke das ja auch, ich war jetzt beim Frühstück. Da hat er sein Brot geschmiert hat, Butter aufgemacht ja und noch ein bisschen gesprochen und so und dann merk ich, seh ich, nimmt er sein Messer und da habe ich schon angefangen, meine Hand zu bewegen und habe ich schon so simuliert und mache jetzt da mit. Also ich will jetzt da auch die Butter rausschälen und aber nur wenn ich jetzt hingucke, wenn ich ganz genau auf den, hinschaue auf den mir gegenüber und beobachte was sie genau macht …. Dann gucke ich da zu und versetze mich so in die Lage, wie wenn ich selber in der Küche wäre und das dann einfach so ummache … weil rechts ist ja gut, rechts kann ich es ja machen, irgendwie komischerweise mach ich das ja, diese Bewegung aber nur mit der linken wieder …“

Schlussfolgerung: Bei hochgradiger Sensibilitätsstörung links nach Thalamusblutung rechts kommt es im Laufe von Jahren zu einer Zunahme unwillkürlicher Imitation von Handbewegungen anderer Leute, die er beobachtet – im weitesten Sinne vermutlich als Maladaptation. Gleichzeitig zeigt das Beispiel eindrucksvoll, wie eng die funktionellen Verbindungen vom visuellen zum motorischen System sein können.