Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V128
DOI: 10.1055/s-0032-1301514

Gangmessung mit Inertialsensoren: Eine „neue“ Methode

K Bötzel 1, J Ilmberger 2
  • 1Neurologische Klinik der Ludwig-Maximilians-Universität München, München
  • 2Neurologische Klinik und Klinik für Physikalische Medizin der Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Gangmessungen benötigen in der Regel einen hohen apparativen Aufwand und sind an stationäre Messeinrichtungen gebunden. Sensoren, die die Winkelgeschwindigkeit oder die Beschleunigung messen, sind klein und an mobile Recorder anschließbar. Die Aufzeichnung von Gangparametern ist damit unabhängig von stationären Messeinrichtungen. Der Patient kann unter natürlichen Bedingungen gehen. Derartige Systeme sind in verschiedener Form in der Literatur bereits beschrieben; werden im klinischen Alltag bislang jedoch nicht verwendet. Möglichkeiten und Grenzen dieser Methode werden hier vorgestellt.

Das von uns entwickelte Gerät misst die Winkelgeschwindigkeit von beiden Ober- und Unterschenkeln sowie der Arme und zeichnet diese auf. Aus diesen Daten können Schrittlänge und die Winke des Armschwingens off-line berechnet werden. Ferner wird die Gangrichtung mittels eines elektronischen Kompasses gemessen und aufgezeichnet. So können Richtungswechsel detektiert werden. Ferner wird die Beschleunigung des Oberkörpers in 3 Achsen aufgezeichnet. Damit können anizipatorische posturale Aktionen, die während und vor dem Gehen auftreten, aufgezeichnet werden.

Validierung:

Die off-line berechnete Schritt- und Ganggeschwindigkeit korreliert exzellent mit der gleichzeitig mit einer anderen Methode (Laufband) aufgezeichneten Gang- und Schrittgeschwindigkeit.

Anwendungsbeispiele:

1: Messung der Ganggeschwindigkeit und Schrittlänge im Vergleich rechtes/linkes Bein während der Einstellung des Subthalamicus-Stimulators eines Parkinson-Patienten. Es wird die für das Gehen optimierte Einstellung aus den Messungen deutlich. Differentielle Effekte auf das rechte und linke Bein werden sind gut erkennbar.

2: Messung des Gangbildes unter Globus pallidus Stimulation: bei Dystoniepatienten können durch die Hirnstimulationsbehandlung bradykinetische Symptome auftreten (z.B. reduziertes Armpendeln). Diese können mit der Methode nachgewiesen werden.

Konklusion: Wo quantitative Gangmessung angestrebt wird und der der technische Aufwand begrenzt sein muss (z.B. im klinischen setting), kann diese Methode exzellente Daten liefern. Die Länge einer Aufzeichnung ist nicht wie im klassischen Ganglabor limitiert. Die Präzision der Daten ist geringer als im Ganglabor, wo auch objektive Gelenkstellungen etc. gemessen werden können. Dies spielt für die hier genannten Anwendungsbeispiele jedoch keine Rolle.