Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V126
DOI: 10.1055/s-0032-1301512

Der Fahrsimulator in der Klinik: Untersuchung des visuellen Explorationsverhaltens nach Posteriorinfarkt

SA Brandt 1
  • 1Klinik für Neurologie, Charité, Campus Mitte, Universitätsmedizin Charité, Berlin

Patienten mit einer Hemianopsie nach Posteriorinfarkt werden in der Klinik häufig nur fingerperimetrisch untersucht. In der klinischen Beobachtung kompensieren diese Patienten ihr Defizit unterschiedlich gut. In neueren Studien gleicht das visuelle Explorationsverhalten mancher Patienten in alltagsnahen Situationen sogar eher dem von gesunden Probanden als in der Labortestung. (z.B. Martin et al. 2007). Ob es sich hierbei um Kompensationsmechanismen oder um unbewusstes Sehen (Blindsight) handelt ist unklar. Ziel ist es, in der Klinik eine Testsituation zu realisieren, die es ermöglicht das visuelle Explorationsverhalten von Patienten mit Hemianopsie zu untersuchen und eine Prognose über ihr Verhalten im Alltag zu geben. Methoden: Wir entwickelten einen Versuchsaufbau, der einen Fahrsimulator mit speziell angepasstenTeststrecken (Simulationssoftware SILAB, WIVW) mit einer Augenbewegungskamera (EyeSeeCam) kombiniert. Verschiedene Testparameter (Fahrverhalten, Reaktionszeit, Augen- und Kopfbewegungen) charakterisieren das Explorationsverhalten. Der Aufbau gewährleistet freie Kopfbewegungen, welche möglicherweise als Kompensationsmechanismus eine Rolle spielen. Ergebnisse: Bisher wurde der Versuchsaufbau an 73 Probanden und drei Patienten in der Klinik elaboriert. Ältere Probanden zeigen 4,5 mal häufiger Kopfbewegungen im Vergleich zu Jüngeren und reagierten auf Hindernisse deutlich langsamer. Einzelne Patienten zeigen bereits unterschiedliche Kompensationsstrategien (vermehrt Sakkaden mit größeren Amplituden und asymmetrischer Distribution ins blinde Feld). (Poster: De Beukelaer, Hamel et al.) Schlussfolgerungen: Die Kombination aus Methoden mit Fahrsimulation und Auge-Kopfkamera ermöglicht es, das visuelle Explorationsverhalten von Patienten mit Gesichtsfelddefekt in einer realitätsnahen Situation in der Klinik zu untersuchen. Individuelle Kompensationsstrategien können hierbei aufgedeckt werden und Aufschluss über mögliches Potential zur Rehabilitation geben.