Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V125
DOI: 10.1055/s-0032-1301511

Zentral oder peripher? Schwindelursachen auf der Spur mit dem video-basierten Kopfimpulstest

E Schneider 1, N Lehnen 1, K Bartl 1, S Bardins 1, S Kohlbecher 1, S Glasauer 1, K Jahn 1
  • 1Neurologische Klinik, LMU München, München

Die Unterscheidung von zentralen und peripheren vestibulären Schädigungen ist von herausragender klinischer Bedeutung – nicht nur in der Notfallsituation. Zur Ergänzung von Anamnese und klinischer Untersuchung werden bisher nicht-mobile apparative Zusatzuntersuchungen, wie subjektive visuelle Vertikale (SVV), kalorische Testung und kraniale MRT-Bildgebung verwendet. In Ausweitung des klinischen Kopfimpulstests nach Halmagyi entwickelten wir ein mobiles System zur Quantifizierung der peripher-vestibulären Funktion am Krankenbett. Das System basiert auf der gleichzeitigen Messung von Augebewegungen mittels Video-Okulographie (VOG) sowie von Kopfbewegungen mittels Inertialsensoren. Wir haben eine erste Evaluierung dieses neuen Systems an Patienten mit bilateraler Vestibulopathie in der Search-Coil durchgeführt–dem bisherigen Goldstandard zur Messung von Augen- und Kopfbewegungen. Weiterhin haben wir die klinische Anwendbarkeit im Rahmen einer Schwindelambulanz für Kinder untersucht, indem wir den Kopfimpulstest bei 35 gesunden Kindern im Alter von 4 bis 16 Jahren durchgeführt haben. Der so gemessene Gain des vestibulo-okulären Reflexes (VOR) hatte einen Wert von 0,97 (Standardabweichung 0,08) und war seitengleich. Damit entspricht der VOR-Gain bei Kindern dem von Erwachsenen. Die VOG-basierte Messung von Kopfimpulsen mit integrierten Inertialsensoren ist also eine einfache, schnelle und zuverlässige Methode zur Untersuchung der vestibulären Funktion bei Kindern und Erwachsenen. Die Methode ist auch für Untersuchungen am Patientenbett und in Notfallsituationen geeignet. Der Test kann routinemäßig bei Kindern über 4 Jahren durchgeführt werden. Es ist absehbar, dass der VOG-basierte Kopfimpulstest zur Quantifizierung der peripher-vestibulären Funktion in die klinische Routine übernommen wird.