Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V097
DOI: 10.1055/s-0032-1301491

Spreading Depolarizations kreisen speziesübergreifend repetitiv um ischämische Infarkte und vergrößern sie dadurch

C Dohmen 1, C Kowoll 2, M Reiner 3, J Woitzik 4, GR Fink 2, R Graf 5
  • 1Klinik und Poliklinik für Neurologie, Uniklinik Köln, Köln
  • 2Klinik für Neurologie, Uniklinik Köln, Köln
  • 3Klinik für Allgmeine Neurochirurgie der Uniklinik, Köln
  • 4Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 5Max Planck Institute for Neurological Research, Köln

Einleitung: Experimentelle Studien haben gezeigt, dass in der Grenzzone ischämischer Infarkte spontane, wandernde Depolarisationswellen auftreten, die zu einem Infarktwachstum führen. Kürzlich wurden SD auch beim menschlichen Territorialinfarkt mit hoher Inzidenz nachgewiesen. Ziel unserer Arbeit ist es, bei Schlaganfallpatienten die Auswirkungen von SD auf den Gewebemetabolismus und die finale Infarktgröße zu untersuchen. Methoden: In anästhesierten Ratten (n=6) und Katzen (n=12) wurde die ACM permanent verschlossen und der CBF mittels Laser-Speckle abgechätzt. Bei Patienten mit Malignem Mediainfarkt (n=25) wurde bei der dekompressiven Hemikraniektomie eine Streifenelektrode auf dem Peri-Infarktgewebe platziert, über die das Elektrokortikogramm abgeleitet wurde. Ergebnisse: Bei der Ratte und bei der Katze bildet sich ein sekundärer ischämischer Schaden in der Peri-Infarktregion nach Passage multipler SD aus. SD kreisen um den Infarktkern und führen zu entsprechenden wellenförmigen Änderungen des zerebralen Blutflusses (CBF). Auch beim Menschen konnten repetitive SD in der ECoG-Messung nachgewiesen werden. Es kam zu einer progressiven Abnahme der ECoG-Amplitude, bis schließlich keine ECoG-Aktivität mehr gemessen wurde. Das Kontroll-MRT an Tag 7 nach Schlaganfall zeigte bei Patienten mit SD eine Größenzunahme des Infarkts mit Rekrutierung des kortikalen Peri-infarktgewebes–dort, wo vorher repetitive SD abgelaufen waren. Diskussion: Sowohl im lissenzephalen Gehirn der Ratte als auch im gyrenzephalen Gehirn der Katze und des Menschen kreisen SD repetitiv in der Grenzzone des Infarkts und führen zu einer Größenzunahme des Infarkts. Der Nachweis repetitiver SD mit Ausbreitung in der Grenzzone auch beim Patienten legt einen speziesübergreifenden Pathomechansimus nahe, der zu einer sekundären Infarzierung des Peri-Infarktgewebes und damit zu einem Infarktwachstum führt. SD sind damit ein lohnendes Ziel zukünftiger Therapiestudien.