Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V095
DOI: 10.1055/s-0032-1301490

Pallidale und thalamische Oszillationen bei Patienten mit Tourette-Syndrom

WJ Neumann 1, J Hübl 1, C Brücke 1, HH Capelle 2, K Müller-Vahl 3, JK Krauss 2, AA Kühn 1
  • 1Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Neurochirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover
  • 3Abteilung klinische Psychiatrie und Psychotherapie Medizinische Hochschule Hannover, Hannover

Einleitung: Erste Studien zeigen Behandlungserfolge des therapierefraktären Tourette-Syndroms (TS) mittels tiefer Hirnstimulation (THS) im centro-median parafasciculären (CMPf) Thalamus Komplex und internen Pallidum (GPi), wobei über die neurophysiologische Rolle der Zielstrukturen bisher wenig bekannt ist. Ziel unserer Arbeit war es, krankheitsspezifische Muster pallidaler und thalamischer lokaler Feldpotentiale (LFP) bei Patienten mit schwerem TS zu charakterisieren.

Methoden: Bei 5 TS-Patienten wurden bilateral die LFP bipolar von benachbarten Kontakten der im GPi und CMPf implantierten THS-Elektroden abgeleitet. Power-Spektrum und Kohärenz wurden aus 100 s langen Ruheableitungen analysiert (n=9 GPi, n=10 CMPf). Das Power-Spektrum wurde normalisiert und als Prozent der gesamten Power im Frequenzbereich von 5–95 Hz dargestellt. Bei einem Patienten wurden parallel zu den LFP motorische Tics mittels EMG aufgezeichnet und Tic-korrelierte Power-Modulationen berechnet.

Ergebnisse: Bei 17 von 19 Elektroden konnte ein Peak im Power Spectrum im Frequenzbereich zwischen 6 und 10 Hz (Mittelwert: GPi: 7.1 Hz ; CMPf: 7.6 Hz) ermittelt werden. Zusätzliche Peaks im Power Spectrum traten im Gamma-Band bei ~ 30 Hz und ~ 80 Hz im CMPf und GPi in 10 Elektroden von 4 Patienten auf. Eine signifikante Kohärenz zwischen GPi und CMPf LFP zeigt sich im 6–10 Hz Band. Ebenso war eine gesteigerte oszillatorische Aktivität im 6–10 Hz Band zeitlich mit dem Auftreten motorischer Tics korreliert.

Zusammenfassung: Unsere Daten unterstützen bisherige Ergebnisse zu diskreter ~7 Hz Aktivität im CMPf bei Tourette Patienten und deuten zusätzlich darauf hin, dass die ~7 Hz Aktivität im gesamten Basal Ganglien-Thalamus Netzwerk bei Patienten mit TS auftritt. Die zeitliche Korrelation von Tics und Zunahme der ~7 Hz LFP-Aktivität deutet auf einen möglichen Zusammenhang von krankheitsspezifischen Symptomen und gesteigerter oszillatorischer Synchronisation im 6–10 Hz Bereich bei Tourette Patienten hin.