Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V075
DOI: 10.1055/s-0032-1301478

Differentielle pharmakologische Effekte in der frühen akustischen Informationsverarbeitung

C Norra 1
  • 1Labor für Klinische Neurophysiologie, LWL-Universitätsklinikum für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventionsmedizin, Ruhr-Universität Bochum, Bochum

Pharmakologische Stimulations- und Depletionstests ermöglichen die Untersuchung von Änderungen elektrophysiologischer Parameter unter Beeinflussung spezifischer Neurotransmitteraktivitäten, z.B. monoaminerger und cholinerger Systeme. Dabei müssen in der humanexperimentellen Studienplanung verschiedene biochemische und methodologische Aspekte berücksichtigt werden [1]. Der Tryptophan-Depletionstest (TDT) repräsentiert einen der meist etablierten akuten Challenge-Tests für die Aktivität des serotonergen Systems und entsprechenden Veränderungen bei verschiedenen psychischen Erkrankungen. Für die frühe akustische Verarbeitung (N1, P2) ist als elektrophysiologischer Marker des serotonergen Systems die Lautstärkeabhängigkeit (LDAEP) etabliert, die in experimentellen und klinischen Studien invers mit der Aktivität der serotonergen Neurotransmission assoziiert ist, ebenso mit dem klinischen Ansprechen auf serotonerg wirksame Antidepressiva [2,3]. Dennoch konnten ähnliche Effekte unter TDT humanexperimentell bislang nicht bestätigt werden [4]. Selektiv wirkende Psychopharmaka [5, 6] oder Stimulationstest im Rahmen von Modellpsychose-Untersuchungen, z.B. mit Ecstasy oder Ketamin [7–9], zeigen nicht immer konsistente Ergebnisse der frühen akustischen Informationsverarbeitung (N1, P2, MMN, LDAEP, P300); daher sind pharmakologische Studien der Interaktionen mit anderen Neurotransmittersystemen von Interesse. Integrierte Ansätze und Ergebnisse kombinierter Challenge-Untersuchungen werden für die N1/P2 (LDAEP), P300 und MMN bzgl. der verschiedenen modulierenden Neurotransmittersysteme (serotonerg bzw. cholinerg oder glutamaterg) dargestellt [in prep]. Als Modell für einen Challenge des monoaminergen Systems eignet sich auch der Schlaf [in prep]: N1/P2-Amplituden alternieren über die verschiedenen Schlafstadien, während depressive Patienten mit hoher Lautstärkeabhängigkeit am besten von der antidepressiven Wirksamkeit eines therapeutischen Schlafentzugs profitieren.

Literatur: [1] Norra, Clin EEG Neurosci 2007, [2] Norra et al., J Psychiatr Res 2003, [3] Pogarell et al., Clin EEG Neurosci 2007, [4] Norra et al., Human Psychopharmacol 2008, [5] Ostermann et al., World J Biol Psych subm., [6] Norra et al., Psychiatry Res 2010, [7] Tuchtenhagen et al., Neuropsychopharmacology 2000, [8] Heekeren et al., Psychopharmacology 2008 [9] Roser et al. Psychopharmacology 2011