Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V058
DOI: 10.1055/s-0032-1301463

Ist der Schlaf bereits im Frühstadium der Parkinson-Krankheit gestört? Eine polysomnographische Fall-Kontrollstudie

NJ Diederich 1, O Rufra 2, V Pieri 2, G Hipp 2, M Vaillant 3
  • 1Abteilung für Neurologie Centre Hospitalier de Luxembourg, LU
  • 2Centre Hospitalier de Luxembourg, LU
  • 3Competences Center for Methodology and Statistics; CRP Santé, Strassen, LU

Einleitung: Laut der Braakschen Hypothese besteht eine aufsteigende Degeneration im Hirnstamm bei der Parkinson-Krankheit (PK), mit Frühbefall Schlaf regulierender Zentren. Passend zu diesem Konzept gilt die REM-Schlafverhaltensstörung (RBD) als ein Früh- oder sogar Vorpostensyndrom der PK. Zahlreiche Studien berichten über subjektive Schlafstörungen. Jedoch sind objektive Polysomnographie (PSG)-Daten selten.

Methodik: Im Rahmen einer laufenden Studie zu nicht motorischen Frühzeichen der PK wurden 32 PK-Patienten (<3 Jahre PK-Dauer) und 47 gesunde Kontrollprobanden rekrutiert. Die Gruppen unterschieden sich nicht in Bezug auf Alter, Geschlechtsverteilung u. Body Mass Index. PK-Patienten nahmen häufiger Antidepressiva u. Sedativa ein. Zusätzlich zu dem Fragebogen "Parkinson's Disease Sleepiness Scale" (PDSS) und dem Marburger RBD-Fragebogen wurden eine einmalige PSG ohne Absetzen der Medikation durchgeführt.

Ergebnisse: PK-Patienten wiesen einen geringeren Prozentsatz an Muskelatonie während des REM-Schlafs als Kontrollprobanden auf (87% vs.94%; p=0.01). Die Anzahl der Aufwachereignisse ("Arousals" u. "Awakenings"), der Apnoe-Phasen und der periodischen Beinbewegungen waren nicht unterschiedlich zwischen den beiden Gruppen. Die Dopaminergika beeinflussten nicht die Schlaflatenz u. nur unwesentlich die Schlafeffizienz. Bei den PK-Patienten bestand keine Korrelation zwischen dem PDSS-Wert u. den PSG-Daten. Weibliche Teilnehmer hatten insgesamt mehr Tiefschlaf als männliche Teilnehmer (p=0.02).

Tabelle 1: Vergleich ausgewählter PSG-Parameter zwischen PK-Patienten und gesunden Kontrollprobanden.

*=Anova

#=Mann-Withney

£=Anova (log values)

Parameter

PK- Patienten

n=32

Kontrollprobanden

n=47

p-Wert

Total sleep time (min)

321.9±57.5

326.6±61.6

0.77*

Sleep latency (min)

29.7±23.7

36.3±28.6

0.54£

Sleep efficiency (%)

74.2±14.2

75.4±13.2

0.84#

Sleep stages 1 & 2 (min)

189.8±47.4

175.8±51.5

0.18*

Sleep stages 1 & 2 (%)

46.3±11.6

44.2±13.2

0.47*

Sleep stages 3 & 4 (min)

46.7±40

62.4±47.3

0.11#

Sleep stages 3 & 4 (%)

11.8±10.2

15.2±10.1

0.14*

REM sleep stage (min)

44.61±27.4

53.85±26.7

0.14*

REM sleep stage (%)

11.2±6.5

13.6±10.0

0.13*

Index of apnea/hypopnea/h

3.3±6.1

1.9±3.1

0.82#

Index of periodic leg movements/h

1.5±5.2

8.5±17.4

0.05£

REM sleep atonia (%)

87.4±23.9

94.4±13.9

0.01#

Awakenings/h

5.6±3.7

4.5±3.5

0.24£

Arousals/h

9.8±8.8

7.1±5.6

0.07#

Diskussion: Die Studie bestätigt eine Verminderung der Muskelatonie im REM-Schlaf bei PK-Patienten im Frühstadium. Entgegen der Erwartung zeigt sie jedoch keine weiteren krankheitsinhärenten oder medikamentös induzierten Veränderungen des Hypnogramms. Insbesondere zeigen PK-Patienten (noch) keine vermehrte Schlaffraktionierung. Obwohl Schlafstörungen als integraler Teil der PK gelten, kann konventionelle PSG diese im Frühstadium der Krankheit noch nicht objektivieren.