Klinische Neurophysiologie 2012; 43 - V002
DOI: 10.1055/s-0032-1301424

EEG des Status epilepticus und seine Differentialdiagnosen

S Noachtar 1
  • 1Epilepsie-Zentrum, Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität München, München

Der Status epilepticus (SE) ist ein neurologischer Notfall mit hoher Mortalität und der Indikation sofortiger und intensiver Therapie. Bei Fehlen klinischer Kriterien für die Diagnosstellung ist ein Elektroencephalogramm (EEG)unerlässlich. Als SE gelten epileptische Anfälle die länger als 5 Minuten andauern bzw. Anfälle, die in kurzen Abständen wiederkehren. Klinisch pragmatische Gründe führten zur weit verbreiteten Einteilung in konvulsive (KS) und nicht konvulsive (NKSE) Status. Die Diagnose eines NKSE ist ohne EEG kaum zu stellen. Nur so gelingt die Abgrenzung zur Enzephalopathie. Der KSE bereitet diagnostisch wenig Schwierigkeiten, da er klinisch gut definiert ist. Der KSE kann allerdings in einen NKSE übergehen. Die Abgrenzung zu postiktalen Zuständen oder Enzephalopathien ist wichtig. Eine besondere Herausforderung stellen komatöse Patienten dar, bei denen auch ohne klinische Hinweise mittels EEG in ca. 8% NCSE identifiziert wurden. Kontinuierliches Video-EEG-Monitoring kann die diagnostische Ausbeute deutlich erhöhen.

EEG Status gliedern sich in fokale und generalisierte Statusmuster. Regionale EEG-Statusmuster sind gekennzeichnet durch

  • rhythmische hypersynchrone Aktivität mit zeitlicher und räumlicher Evolution

  • Abschnitte von EEG-Anfallsmuster zumeist ohne Rückkehr zur Grundaktivität

  • kontinuierliches Anfallsmuster

Bei temporalem Ursprung eines Status epilepticus ist die Sensitivität des EEG sehr gut, bei extratemporalem Ursprung ist sie deutlich schlechter, insbesondere, wenn das Bewußtsein erhalten ist. Per Definition sind PLEDs auf eine Hemisphäre beschränkt. Sie können sowohl bei akuten destruktiven Läsionen wie Blutungen, Schlaganfällen und Herpes-Enzephalitis als auch im Rahmen eines SE auftreten. Eine Unterscheidung ist mittels EEG alleine nicht möglich. Die Gabe von Benzodiazepinen kann im Status epilepticus und bei akuten Läsionen eine Amplitudenminderung bewirken. Generalisierte Spike-Wave-Komplexe (SWK) und Polyspikes können bei generalisierten Epilepsien sowohl interiktal und iktal als auch im SE auftreten. Seltener kommt es bei generalisierten EEG-Anfallmustern zu schnellen, niedrig gespannten Beta- oder Alphafrequenzen, die an- und abschwellen bzw. abrupt abbrechen können. Teilweise kommt es im generalisierten SE zu wiederkehrenden Anfallsmustern, die für wenige Sekunden durch normale Grundaktivität unterbrochen ist. Auch regionale oder lateralisierte Entladungen können im Kontext dieser Statusformen z.B. bei Absence-Epilepsien vorkommen. Nach schweren akuten Hirnschädigungen z.B. bei zerebralen Anoxien nach Herz-Kreislauf-Stillstand oder Intoxikationen kann es zu einem Statusmuster im EEG kommen, das durch repetitive, schnell aufeinanderfolgende generalisierte Spitzen charakterisiert sind. Die Patienten sind im tiefen Koma ohne klinischen Hinweis auf einen SE. Klinisch besteht manchmal ein sog. Status myoklonikus. Die Zuordnung zu SE ist umstritten.