Schwerpunkte der klinischen Andrologie sind: die Infertilität, der Hypogonadismus,
die Erektile Dysfunktion, die Senenz und die Kontrazeption. Die „Männermedizin“ basiert
auf einer interdisziplinäre Struktur, die von Internisten, Endokrinologen, Urologen,
Sportmedizinern, Gynäkologen, Dermatologen, Allergologen, Onkologen, Phlebologen,
Psychologen und Venerologen ausgefüllt wird. Ein Schwerpunkt der Klinik und Forschung
besteht in der Untersuchung der männlichen Wechseljahre (Aging male) mit dem Syndrom
Formenkreis des Libidoverlustes. Zur Spezifik der Symptomatik zählen: Abnahme der
Libido, Mangel an sexuellem Verlangen, Erektions- und Orgasmusstörung, Nachlassen
der Potenz sowie Abnahme der Anzahl morgendlicher Erektionen.
Androgene können differentiell zur Behandlung des „alternder Mannes“ eingesetzt werden.
Zu den gängigen Präparaten zählen: Mesterolon (Vistimon®), Testosteron-Depot, Testosteron
Scrotal-Pflaster (Testoderm®), Testosteron Haut-Pflaster (Androderm®), transdermales
Testosteron-Gel (Testogel® 2003 Jenapharm), Nebido® (4x Jährlich). Berücksichtigt
werden müssen Langzeitfolgen (Neoplasie, Haarverlust), die noch nicht ausreichend
untersucht sind. Für die Testosteronsubstitution gilt die klare Indikation, dass ab
einem T unter 8 nmol/l (231ng/dl) therapiert werden kann. Ebenso eindeutige Kontraindikationen
sind das Prostatakarzinom, die Polyzythämie und der Kinderwunsch. Vor einer Therapie
muss eine DRU, eine Blutbilduntersuchung und ein PSA-Test durchgeführt werden, die
dann alle 3 Monate wiederholt werden sollten. Was sind die Kriterien des „alternder Mannes“: 1. Verschlechterung des allgemeinen Wohlbefindens; 2. Gelenk- und Muskelbeschwerden;
3. starkes Schwitzen; 4. Schlafstörungen; 5. erhöhtes Schlafbedürfnis, häufig müde;
6. Reizbarkeit; 7. Nervosität; 8. Ängstlichkeit; 9. Körperliche Erschöpfung/Nachlassen
der Tatkraft; 10. Abnahme der Muskelkraft; 11. Depressive Verstimmung; 12. Gefühl,
das der Höhepunkt des Lebens überschritten sei; 13. Entmutigt fühlen, Totpunkt erreicht;
14. Verminderter Bartwuchs; 15. Nachlassen der Potenz; 16. Abnahme der Anzahl morgendlicher
Erektionen; 17. Abnahme der Libido. Hinzu kommt das Dorian Gray Syndrom: 1. Starker Wunsch, jung zu bleiben, nicht zu altern Verleugnung der Reifungsprozesse;
2. Eingebildete und minimale Fehler mit Scham und sozialem Rückzug (narzisstische
Regression); 3. körperdysmorphe Störung sowie 4. Einnahme von Lifestyle-Medikamenten.
Hier besteht die Gefahr über die Lifestyle-Medizin über Anabolika zu versuchen Minderwertigkeitsgefühle
selbst zu therapieren.
Ein wesentlicher mit dem Testosteronassoziiertes Gebiet ist die Psychodermatologie
Liaison Consultation Service), die von Frauen in 71,1% – hingegen von Männern nur
in 28,9% in Ansurch genommen wird. Es ist bekannt, dass endokrinabhängige Hautkrankheiten
wesentlichen Einfluss auf das Sozialleben der Betroffenen haben. So betrifft die Hypertrichose jedes Alter und beide Geschlechter, wobei nichtandrogenabhängige Körperstellen sowie
Terminal oder Vellus-Haare betroffen sind. Der Hirsutismus zeigt Terminal-Haar-Verteilungen mit männlichem Muster nach der Pubertät im Zusammenhang
mit Androgen-Metabolismus. Die Auffälligkeiten liegen an androgenabhängigen Körperstellen.
Androgenunabhängig Haarwachstumsmuster betreffen Vellus- und Lanugo-Haare und finden sich überall am
Körper außer Handflächen und Fußsohlen. Zu den androgensensitiven Behaarungen zählen die Scham- und Achselhaare beider Geschlechter ab der Pubertät.
Androgenabhängig sind der Bart, der Rücken und die Brust; Physiologisch ist dies nur bei Männern (Beginn
in Pubertät/Adoleszenz).
Der Hirsutismus bei Frauen ist charakterisiert durch: a) terminales Haarwachstum, androgenabhängig,
in Arealen mit männlichem Verteilungsmuster einschließlich Gesicht (Oberlippe und
Bartregion); Brust (Brustwarzen und Mitte); Abdomen (Linea alba); Innenseiten der
Oberschenkel; b) kongenital, erworben, iatrogen oder idiopathisch. Esssentiell ist
die Anamnese: Beginn und zeitlicher Verlauf, Familienanamnese, Menstruationszykus, ethnische Herkunft,
Effekte von Medikamenten, Galaktorrhoe. Die klinischen Symptome zeigen sich im Gesicht und in der Körperverteilung der Haare, im Haarverlust (der Alopecie), in
dermatologischen Symptomen und der Veränderung des BMI. Ein ACTH/Dexamethasontest kann bei Hirsutismus wegweisend sein: Dexamethason 0,5mg viermal täglich für 5 Tage. Am 6. Tag sollte zwischen 8–9 Uhr
die Blutentnahme nüchtern erfolgen. Betroffene vermeiden taktilen Kontakt. Die Gefühle
des Ausgeschlossenseins und der sozialen Zurückweisung sowie der Beeinträchtigung
der Lebensqualität dominieren zunehmend. Die am häufigsten vermiedenen Situationen
sind: Sonnenbäder, Sport, öffentliche Umkleiden, Situationen mit engem Körperkontakt.
Hinzukommen die Vermeidung von Intimität und die konsekutiven Partnerschaftsprobleme.
Literaturempfehlung
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